Nachdem weder Wien noch Linz oder Bad Oeynhausen in die engere Auswahl gekommen waren für den Ort der von Churchill gewünschten, von Truman akzeptierten und von Stalin nicht gerade mit Begeisterung aufgenommenen Konferenz über das Schicksal Deutschlands und dessen Alliierten, sondern Berlin und dort vor allem der auf dem Potsdamer Stadtgebiet gelegene Neue Garten, begann die Suche nach einem Lande- und Startplatz für die Flugzeuge der Delegationen.
Kaum waren die letzten Kämpfe in Berlin abgeebbt, als der Leiter der Verwaltungs- und Wirtschaftsabteilung der 1. Weißrussischen Front, General L. Tschernorysch, den Leiter der Quartier- und Operationsabteilung, Oberst G. Kosoglyad, einbestellte. Der Auftrag war unerwartet: Mit einer Gruppe von Offizieren durch die Außenbezirke der Stadt zu fahren und den Ort der Konferenz der Führer der drei Mächte sowie ausgewählte Flugplätze zu bestimmen, auf denen eine spezielle Gruppe stationiert werden sollte, um diese Konferenz vorzubereiten. 1https://ruskline.ru/monitoring_smi/2005/06/14/potsdam_leto_1945/
Die Russen: Auswahl des Flugplatzes und erste Vorbereitungen
Major Anatoli Georgiewitsch Sotow gehörte zu dieser speziellen Gruppe und hatte den Auftrag, den Flugplatz für die Konferenz mit Bildwänden und anderen Elementen propagandistisch zu gestalten. Als Konferenzort war das Schloss Cecilienhof ausgewählt worden.
Die Wahl fiel auf Schloss Cecilienhof in der Nähe des Parks Sanssouci am Stadtrand von Potsdam. Im Gegensatz zu anderen Gebieten, die nach Bombenangriffen oft vollständig in Ruinen und Trümmern lagen, gab es hier keine so deutlichen Spuren des Krieges. Die Zugänge zum Schloss waren bequem, die Innenausstattung gut. Kurzum, es gab alle Voraussetzungen für produktives Arbeiten und Erholung für die Oberhäupter der Großmächte. Marschall Schukow und später Stalin stimmten der Wahl zu. 2Ebenda.
Etwas komplizierter gestaltete sich die Auswahl der Flugplätze. Tempelhof fiel aufgrund seiner ungünstigen Lage – umgeben von dicht bebautem Gebiet und Sicherheitsrisiken beim Hin- und Rücktransport der Delegationen – aus der engeren Wahl. Zudem befand sich der Flugplatz im vorgesehenen amerikanischen Sektor. Staaken und Gatow (oftmals synonym behandelt mit Kladow) befanden sich dagegen im russischen.
Ich kannte die angegebenen Flugplätze. Einer davon, Dalgov, lag nahe der zukünftigen Grenze zu West-Berlin. Zu dieser Zeit war dort noch die 296. Jagddivision unter dem Kommando von Oberst W. Stalin 3In den 1963 veröffentlichten Memoiren erinnert sich der jüngste Sohn Stalins an seine Dienstzeit in Dallgow-Döberitz. Aber militärische Aspekte beschreibt er nicht, sondern nur einen seiner vielen Versuche, eine neue Ehefrau zu finden. stationiert. Der Flugplatz verfügte über zwei gut ausgebaute Start- und Landebahnen, ausreichend Unterkünfte, zwei Kantinen und Vereinsräume. Die Flugplätze waren durch ausgezeichnete Straßen mit Sanssouci verbunden. Zunächst besuchten General Turkel und ich die Flugplätze selbst und trafen uns mit dem Leiter des 80. Flugstützpunktgebiets, Oberst Schtscherbatjuk, und dem Leiter der politischen Abteilung, Oberst Schirotschenko. Sie berichteten, dass die Restaurierungsarbeiten auf dem Flugplatz Kaldy in vollem Gange seien. Sobald Oberst Stalin Dalgow befreit habe, würden sofort intensive Vorbereitungen in diesem Gebiet beginnen. 4Ebenda.
Hinsichtlich der Ortsnamen hatte Sotow Probleme mit der Erinnerung. Mit Kaldy meinte er vermutlich Kladow, also Gatow. Und mit „Dalgov“ war wohl Staaken gemeint. Dagegen konnte er sich genau daran erinnern, mit welchem Auftrag die zur Vorbereitung der Konferenz eingesetzte Spezialgruppe Mitte Mai 1945 versehen worden war.
„Generaloberst Turkel wird als Leiter der speziellen Luftfahrtgruppe zur Vorbereitung der Konferenz empfohlen. Der Kommissar ist der ehemalige Sekretär des Jaroslawler Regionalkomitees des Komsomol, Oberinspektor der politischen Abteilung, Genosse Sotow … Die Gruppe wird aus den Besatzungen von Flugzeugen der Spezialfliegerdivisionen bestehen. Dies sind gut ausgebildete Piloten, die in der Lage sind, jeden Auftrag bei Tag und Nacht durchzuführen. Die Leitung der Gruppe muss rasch kompetente und bewährte Leute für alle Bereiche auswählen. Die luftfahrttechnische Unterstützung der Konferenz muss gut vorbereitet und die Aufgaben der Flugsicherheit angemessen erfüllt werden. Sie sind die Eigentümer der Flugplätze, Sie müssen die alliierten Fliegergruppen empfangen und unterbringen … 5Ebenda.
Am 24. Juni 1945 war klar, dass Gatow der für den Konferenzflugverkehr genutzte Flugplatz sein würde. Der US-amerikanische General Floyd L. Parks berichtete darüber nach einem an diesem Tag stattgefundenen Treffen mit dem sowjetischen General Kruglow:
8. General Kruglow erklärte, dass der Flugplatz Gatow (Kiadow) nur zehn Kilometer von Potsdam entfernt als Endpunkt der Konferenz vorgesehen sei. Ich erklärte, dass wir keine Einwände hätten, wenn er für C-54 geeignet sei, und dass ich ihn von unserem Luftoffizier inspizieren lassen würde. Ich habe noch keinen Bericht von meinem Luftoffizier, aber ich bin von Berlin aus über Gatow geflogen, und es scheint hinsichtlich Anflügen, Landebahnlänge usw. sogar besser zu sein als Tempelhof. Beide sind Rasenflächen. 6Foreign Relations of the United States. Diplomatic Papers. The Conference of Berlin (The Potsdam Conference) 1945. (In Two Volumes). Volume I, Washington 1960, S. 123.
Am 30. Juni 1945 kabelte Botschafter Robert D. Murphy, Politischer Berater des Oberkommandeurs der United States Forces of Occupation in Germany, nach Washington:
Hinsichtlich der Flugrouten boten die Russen eine etwa 32 Kilometer breite Flugroute von Berlin nach Magdeburg und zwei von Magdeburg nach Frankfurt an. Für die Konferenz sollte der Flugplatz Gatow vollständig von den USA und Großbritannien kontrolliert werden. Tempelhof in der US-amerikanischen Zone würde den USA zur Verfügung stehen. Die Sowjets verlangen eine Stunde Vorlaufzeit für jeden Flug, eine Bestätigung der Vorabmeldung ist jedoch nicht erforderlich. Nach der anschließenden Abstimmung mit den Russen wird vereinbart, dass eine symbolische französische Truppe von 1.000 Mann die US-britischen Streitkräfte nach Berlin begleitet und ein französischer Aufklärungstrupp morgen nach Berlin aufbricht. In einer Pressemitteilung wird angekündigt, dass der Rückzug aus der russischen Zone am 1. Juli beginnen wird. 7Ebenda, S. 136 f.
Für die konkreten Absprachen rund um das Geschehen auf dem Flugplatz gab es ein Dreiergremium aus je einem Vertreter der an der Konferenz beteiligten Siegermächte. Aus verschiedenen Hinweisen wurde abgeleitet, dass es aus den nachfolgend aufgeführten Personen bestanden haben könnte. Eine Bestätigung aus offiziellen Dokumenten gibt es darüber nicht.
Generalmajor Edmund Walton Hill (1896 – 1973), kommandierender General der US Air Forces in Russland8https://www.af.mil/About-Us/Biographies/Display/Article/108094/major-general-edmund-w-hill/, vertrat die Interessen der Amerikaner. Er hatte seine Unterkunft inder US-Zone in Neubabelsberg, Domstraße 24 und war dort unter der Telefonnr. 7 erreichbar. Sein Büro hatte er am Sitz des Berlin Military District im „U.S. Compound“, vermutlich Zehlendorf, wo er die Telefonnr. 109 hatte. Während der Bereich Neubabelsberg im Telefonverzeichnis die Code-Bezeichnung VICTORY (VIC) trug, befand sich sein Dienstsitz im Bereich MASTERWORK (MAS).

Der Flughafen Gatow hatte von den Amerikanern die Code-Bezeichnung MEDALLION erhalten. Airtransport Gatow, Gatow Airport und Gatow Signal Message Center waren mit keiner Telefonnr. versehen. Dafür aber in diesem Bereich tätige und teilweise auch untergebrachte Personen:
Brockett, Lt.Col.9Es könnte sich um Wendell Greene Brockett (1924 bis 2017) handeln. https://www.buchanancody.com/obituary/wendell-ret (ohne Telefonnr.)
Felker, Walter L., Col. (ohne Telefonnr.)10Bestätigung des Namens steht noch aus.
Jones, Charles Maury, Col. (1894 – 1978)11https://monmouthtimeline.org/timeline/maury-jones/ (Unterkunft, Tel.-Nr. 6). Eine ausführliche Erinnerung an ihn verfasste der Journalist Mark A. Wallinger. Seine Informationen erhielt er von Mike O`Neal, einem der Direktoren des Golden Age Air Museum in Bethel, Pa (USA)12https://www.goldenageair.org/.
“He commanded the Air Tactical Command base at Ostros, France, was later Deputy Commander of the Air Tactical Command in the Mediterranean Area and Command Officer of the British-American Airport for the Potsdam Conference in 1945,” said O’Neal.
O`Neill, Daniel, Major (Büro, Tel.-Nr. 10)
Die Sowjetunion repräsentierte Michail Wassiljewitsch Redkin (1904–1981), bedeutender Testpilot und Kampfflieger. Zur Zeit der Potsdamer Konferenz war er stellvertretender Kommandeur des 3. Jagdfliegerkorps der Roten Armee, dessen Stab sich in Falkensee befand. Die zum Korps gehörende 286. Jagdfliegerdivision war bis 1948 auf dem Flugplatz Staaken stationiert, hatte ihre Kaserne jedoch in Dallgow. Kommandeur dieser Einheit war vom 25. Februar 1945 bis zum 17. Juli 1946 der jüngste Sohn Stalins, Gardeoberst Wassili I. Stalin (1921 – 1962).

Für die britische Seite, seit dem 2. Juli 1945 die Hausherren von Gatow, stand der 24-jährige Kommandeur der Flugplatzeinheit 19 Staging Post, Flight Lieutenant Roy Sydney Perry (1921–1993) 13https://www.49squadron.co.uk/personnel_index/detail/Perry_RS. Es war schon eine ungewöhnliche Karriere, die Perry erlebte. Nachdem er gegen Kriegsende bei verschiedenen Einheiten als Fluglehrer eingesetzt war, wurde Perry im Februar 1945 zum kommissarischen Staffelführer ernannt. Im Juli 1945 zum kommandierenden Offizier des Staging Post Nr. 19 in Gatow (Berlin) ernannt und im September 1945 zur Royal Air Force (General Duties Branch) versetzt, wobei er den kommissarischen Rang eines Flight Lieutenant behielt. Er blieb bis Februar 1946 in Gatow und wurde dann kommandierender Offizier des Main Staging Post in Gibraltar.14https://www.49squadron.co.uk/extras/perry

Im Telefonverzeichnis der britischen Delegation ist Kladow Airfield mit zwei Personen enthalten:
Filer, Lt.
McLaren, R. J., Captaine
Zu beiden fehlen die Telefonnummern.
Die Briten: Übernahme des Flugplatzes
Operations Record Book (ORB)
Der Flugplatz Gatow lag in der britischen Besatzungszone von Berlin und befand sich ab dem 2. Juli 1945 offiziell im Bestand der Royal Navy. Flight Lieutenant Roy Sydney Perry führte die auf dem Flugplatz stationierte Einheit 19 Staging Post. Informationen über die Situation in Gatow im Juli 1945 erhalten wir aus dem von ihm unterschriebenen Operations Record Book (ORB).
Die ORBs wurden erstellt, um eine vollständige Aufzeichnung einer Einheit ab dem Zeitpunkt ihrer Gründung zu liefern. Jedes Buch enthält eine genaue Aufzeichnung der von der Einheit durchgeführten Operationen und Handlungen. Die ältesten Bücher stammen aus der Zeit vor der Gründung der Royal Air Force (RAF) im April 1918 und beschreiben Operationen, die von ihren Vorgängern, dem Royal Flying Corps (RFC) und dem Royal Naval Air Service (RNAS), durchgeführt wurden.15Vgl. https://www.nationalarchives.gov.uk/help-with-your-research/research-guides/royal-air-force-operations-record-books-1911-1963/ Die Aufzeichnungen können verwendet werden, um eine Liste aller Flugoperationen der RAF-Besatzung zu erstellen. Sie sind auch eine hervorragende Quelle, um sich ein Bild von den Operationen der Staffel zu machen.
Vermutlich gab es Festlegungen bzw. Dienstanweisungen für die Führung des ORB.
Das Nationalarchiv Großbritanniens informiert zum Inhalt eines ORB:
Die ORBs bestehen aus:
Formulare zur „Zusammenfassung der Ereignisse“ (auch bekannt als Formular 540)
Formulare „Details der durchgeführten Arbeiten“ (auch bekannt als Formular 541)
Anhänge, sofern zutreffend (darunter können Einsatzbefehle, verschiedene Berichte und telegrafierte Nachrichten sein).
Zu den Informationen gehören:
Flugzeugtyp und -nummer
Namen
Dienstgrad der Flugbesatzung
Namen der Passagiere
Wetterbedingungen
Flug-/Einsatzdetails
Phil Tomasseli, Autor und Experte für Militärgeschichte 16https://www.nationalarchives.gov.uk/irlist/default.asp?action=1&slctcatagoryid=5, liefert eine differenziertere Beschreibung des ORB, die auch auf das von Perre unterzeichnete Dokument angewandt werden kann.
Die ORBs wurden Ende 1926 eingeführt und sollten die Führung der Einheitenhistorien der RAF vereinheitlichen. Sie basierten auf den Kriegstagebüchern der Armee, mit der Ausnahme, dass die ORBs auch in Friedenszeiten ausgefüllt werden mussten. Sie umfassten sowohl Formulare zur Zusammenfassung der Ereignisse (Formular 540) als auch Formulare zur detaillierten Durchführung der Arbeiten (Formular 541) und wurden monatlich ausgefüllt. Formular 540 dokumentierte die Aktivitäten der Staffel im Allgemeinen über den Monat, vermerkte aber in der Regel auch eintretende und abtretende Offiziere, offizielle Besuche und besondere Ereignisse wie die Feierlichkeiten zum Tag des Sieges in Europa (VE-Day). Formular 541 dokumentierte täglich Details zu Einsätzen, darunter Jagdpatrouillen, Aufklärungspatrouillen sowie große und kleine Bombenangriffe.
Besatzungen werden benannt, Gefechte mit dem Feind vermerkt, Verluste (allzu oft als „Vermisst“) verzeichnet, und es gibt teilweise recht detaillierte Berichte über Bombenangriffe aus der Perspektive der einzelnen beteiligten Flugzeuge. Die Überlebensrate von ORBs liegt bei nahezu 100 Prozent. Die wichtigsten Ausnahmen sind die Verluste beim Rückzug nach Dünkirchen 1940 sowie die Verluste nach dem Debakel in Singapur 1942 und dem Rückzug durch das heutige Indonesien.
Ihre Genauigkeit ist auch deshalb sehr hoch, weil sie auf der Grundlage offizieller Dokumente erstellt wurden, darunter Geheimdienstberichte von Kampfpiloten oder Besatzungen größerer Flugzeuge nach einem Einsatz. Dennoch treten Fehler auf. Ich kenne einen Mann, der nach der Erstellung des Dienstplans die Besatzung wechselte und beim Absturz des Flugzeugs starb. Er ist nicht im ORB verzeichnet; außerdem kenne ich einen hochrangigen Offizier, der an Einsatzflügen teilnahm, dessen Anwesenheit im ORB nicht aufgeführt, aber in einem Logbuch vermerkt ist.
Im Großen und Ganzen sind sie jedoch sehr genau, auch wenn die Details in Zeiten hoher Aktivität, wie beispielsweise bei Jagdstaffeln während der Luftschlacht um England, möglicherweise geringer sind. Man sollte auch bedenken, dass – insbesondere bei Offizieren – RAF-Angehörige nach einer aktiven Dienstzeit oder einer Beförderung oft Zeit mit Verwaltungs-, Ausbildungs- oder anderen Aufgaben verbringen, und dieser Teil ihres Dienstes kann fehlen.
ORBs existieren für alle Arten von RAF-Einheiten, von mobilen Radarstationen, Hygieneeinheiten, Ausbildungsschulen, Personalaufnahmezentren und Rekrutierungszentren bis hin zu Gruppenhauptquartieren, Geschwadern und RAF-Stationen. 17https://www.whodoyouthinkyouaremagazine.com/tutorials/raf-operation-record-books
Wie Tomaselli schreibt, sind nicht alle Vorgänge innerhalb einer Einheit im ORB verzeichnet. Das trifft auch auf Gatow zu. Zumindest für den Juli 1945. Nachfolgend ausgewertet wird das ORB, Formular 540.
Struktur von 19 Staging Post Gatow
Der Kern von 19 Staging Post wurde am 22. Mai 1944 unter dem Kommando der No 46 Group auf Blakehill Farm18https://www.rafblakehillfarm.co.uk/ gebildet, aber erst am 8. August wurde sie offiziell aus einem Kern der No 91 Forward SP in Down Ampney19https://en.wikipedia.org/wiki/RAF_Down_Ampney formiert.
Die Einheit verlegte am 9. August 1944 nach B14 Amblie, am 14. September nach Ypern, am 7. Oktober nach B78 Eindhoven und am 8. Oktober nach B70 Antwerpen/Deurne, wo sie sich dem No 111 Wing (Transport) anschloss. Am 2. Dezember kehrte sie nach Perranporth in Großbritannien zurück und verlegte am 20. März 1945 über B56 Brüssel/Evere wieder auf den Kontinent, bevor sie am 16. April nach B118 Celle, am 31. Mai nach B162 Stade, am 5. Juni nach B169 Hamburg-Fuhlsbüttel und am 28. Juni nach Kladow (Gatow) verlegte, wo sie schließlich am 1. Juli ankam und sich am 15. Juli 1946 auflöste.20https://www.rafweb.org/Members%20Pages/Unt%20Histories/Miscellaneous/Personnel.htm
Die Aufzeichnungen des ORB beginnen im Juli mit dem Umzug von dem bisherigen Standort B 168 Fuhlsbüttel über Hamburg und Magdeburg nach Gatow am 30. Juni 1945. Aufgeführt sind alle Personen und Fahrzeuge der Militärkolonne.
Die auf den Fahrzeugmarsch geschickte Einheit bestand aus den nachfolgenden Bereichen bzw. Sektionen:
P. & F. Section (Passenger & Freight)
Air Crew Hostel Section
Equipment Section
RAF/Police
D.S.S. Section (Section of Support Services)21 Eine logistische oder administrative Einheit, die Unterstützungsdienste für den RAF-Betrieb bietet.
Messen:
Airmens Mess
Officer Mess Section
Sergeants Mess Section
Catering
S.S.Q. Section (Station Sick Quarters)22Station Sick Quarters (SSQ) waren Medizinische Einrichtungen in Militärstützpunkten, typischerweise zur Unterbringung und Behandlung von krankem oder verletztem Personal. Dabei handelte es sich oft um einfache, manchmal sogar provisorische Bauten wie Nissenhütten, deren Ziel es war, den Bedürftigen eine medizinische Grundversorgung und Ruhe zu bieten.
Headquarters Section
Army Liaison 23Ein Army Liaison ist ein Verbindungsoffizier, der die Aufgabe hat, Informationen zwischen verschiedenen Einheiten, Organisationen oder sogar Nationen auszutauschen und zu koordinieren. Oftmals dient ein Liaison-Offizier als „kurze Leitung“ zwischen den beteiligten Stellen, um eine effektive Zusammenarbeit zu gewährleisten.
Flying Control
Operations Section
Met Section (Meteorologische Abteilung)
– Met Recovery
Fire section
Recovery Section
M.T.C. (Mechanical Transport Control)
RAF Cypher Section
Erinnerungen an Gatow vor und während der Konferenz
George Leggett, Übersetzer im Hauptquartier der britischen Delegation bei der Potsdamer Konferenz24Zur Person siehe die biographischen Angaben: https://archivesearch.lib.cam.ac.uk/repositories/9/resources/1686, war direkt in die Überführung der Einheit von Hamburg-Fuhlsbüttel nach Gatow sowie in die Vorgänge bei der Übernahme des Flugplatzes eingebunden und teilweise auch informiert über dessen Nutzung während der Konferenz. Er beschrieb die Erlebnisse ausführlich in seinem „Potsdam Diary“. In maschinenschriftlicher Form befindet es sich in seinem Nachlass im Churchill Archives Centre an der University of Cambridge.25Churchill Archives Centre, The Papers of George Leggett, GBR/0014/LEGT
Der Kommandeur des Hauptquartiers der britischen Delegation in Neubabelsberg, Brigadier Owen Murton Wales, verfasste am 2. Oktober 1945 einen Bericht über seine Tätigkeit, die er hinsichtlich ihrer Dauer vom 12. Juni bis zum 15. August 1945 datierte. Der Bericht konnte im Nachlass von Lettice Marston im Churchill Archives Centre an der University of Cambridge gefunden werden. 26Churchill Archives Centre, The Papers of Lettice Marston, Administrative papers from Potsdam, 1945-08 – 1945-10, GBR/0014/LMAR 1/2
Aus beiden Dokumenten wurden die sich auf Gatow beziehenden Aussagen entnommen und entsprechend des Datums geordnet. Ergänzt wird die nachfolgende Übersicht mit den bis zum 30. Juli 1945 bekannten Eintragungen im Operation Record Book der für den Flugplatz Gatow zuständigen Einheit der Royal Navy 19 Staging Post.
23. Juni 1945
Am 23. Juni wurde mir mitgeteilt, daß der für die Dreimächtekonferenz gewählte Ort Potsdam sei und daß die britische Delegation in Babelsberg untergebracht werde, das ich bei der Untersuchung der Karte etwa zehn Meilen südwestlich von Berlin gefunden habe. Man teilte mir auch mit, daß die Erlaubnis eingeholt worden sei, daß mein Hauptquartier und die Truppen unter dem Kommando durch die russische Besatzungszone in das zugewiesene Gebiet durchfahren könnten. Ich wurde angewiesen, mich so früh wie möglich zu bewegen und bei Magdeburg die Elbe zu überqueren. Ich stimmte dem Umzug am 25. Juni zu, obwohl mein Stab noch lange nicht vollständig war und meine Einheiten weit verstreut waren.
Brigadier Wales, der dies schrieb, hatte zu dem Zeitpunkt noch keine Information über den für die Delegation zur Verfügung gestellten Flugplatz.
24. Juni 1945
Am 24. Juni 1945 traf George Leggett im Hauptquartier HQ 4th Line of Communication Sub Area bei der 21. Armeegruppe in den Hammersmith Barracks in Herford ein. HQ 4th Line C. Sub. Area war die offizielle Bezeichnung des Hauptquartiers der britischen Delegation bei der Potsdamer Konferenz. Es war für alle britischen Belange in Vorbereitung der Potsdamer Konferenz, während ihrer Durchführung und für die Zeit kurz danach zuständig. Kommandeur war Brigadier Owen Murton Wales. Ab dem 25. Juni befand er sich mit dem aus 64 Fahrzeugen und 30 Motorrädern bestehenden Vorauskommando auf dem Weg in die für die britische Delegation vorgesehene Sperrzone in Neubabelsberg.
O. M. Wales hielt für diesen Tag in seinem Bericht fest.
Am Abend des 24. Juni hielt ich meine letzte Stabsbesprechung ab und erteilte Befehle für die Verlegung des Hauptquartiers und für die schrittweise Eingliederung der Einheiten gemäß einem Programm, das sich über einen Zeitraum von mehreren Tagen erstreckte, wobei die Verantwortung für die Erteilung der Verlegungsbefehle von der Heeresgruppe des Hauptquartiers 21 übernommen wurde.
Man hatte mich schon früher gebeten, meine Anträge auf Überführung an die 30. Militärmission in Moskau unter Angabe der Truppenstärke und der erforderlichen Unterbringung zu stellen. Als ich den Befehl zum Umzug erhielt, hatte ich den Eindruck, daß die verlangte Unterbringung von den Russen zugesagt worden war. Die Notwendigkeit eines baldigen Aufbruchs lag auf der Hand, da das Datum der Ankunft der britischen Delegation uns für Mitte Juli vorhergesagt wurde, mit der Möglichkeit, daß es einige Tage früher sein könnte.
Die unmittelbare Aufgabe war, daß ich so schnell wie möglich im Delegationsgebiet eintraf und genügend Personal mitnahm, um mein Hauptquartier einzurichten, die Verbindung mit der Armeegruppe des Hauptquartiers 21 herzustellen, die Unterbringung von den Russen zu übernehmen und einen vorläufigen Plan für die Zuweisung von Wohnungen und Büros an die britische Delegation zur Genehmigung durch die Vorhut der Delegation zu erstellen, die am 30. Juni eintreffen und am 2. Juli nach London zurückkehren sollte. Eine weitere unmittelbare Aufgabe bestand darin, einen Flugplatz für den Empfang der Voraustruppe und der wesentlichen Vorräte zu übernehmen und die Verbindung zwischen ihm und dem Delegationsbereich herzustellen.
26. Juni 1945
Wir kamen am 26. Juni gegen 3.00 Uhr morgens an und wurden von General Kruglow und General Karanadse mit ihren Stäben empfangen, die alle in Uniformen und Goldborten sehr prächtig waren. Zuerst waren sie geneigt, die Tatsache zu betonen, dass ich sie sechs Stunden hatte warten lassen, aber als ich mich revanchierte, indem ich darauf hinwies, dass dies auf meine achtstündige Haft auf der „Freundschaftsbrücke“ zurückzuführen sei, waren wir uns einig, dass wir so ziemlich im Reinen waren. Ich wurde von meinen neuen Freunden persönlich in das Haus im Delegationsbereich gebracht, das für den Premierminister vorgesehen war, und ich wurde gebeten, das Zimmer auszuwählen, in dem ich den Rest der Nacht verbringen würde. Ich wählte das Zimmer, das die Russen für Fräulein Mary Churchill reserviert hatten, und schlief fest bis 7 Uhr.27Bericht O. M. Wales, S. 7.
29. Juni 1945
Am 29. Juni 1945 hielt sich Leggett zum ersten Mal auf dem Flugplatz Gatow auf.
14.30 Uhr.
Ich fuhr mit einem C.M.P.-Kapitän28C.M.P. = Corps of Military Police nach Kladow, um einen Sack Post an das britische Flugzeug zu liefern, das General Sir Ronald WEEKS und andere hochrangige Offiziere für die Schukow-Konferenz brachte. Wir rasten in unserem kleinen Jeep in furchterregendem Tempo durch die Ruinen von Potsdam und dann entlang von Linden gesäumten Landstraßen sowie durch einen Wald und erreichten nach einer 35-minütigen Fahrt den Flugplatz Kladow. Es dauerte eine Weile, bis wir die Verteidigungsanlagen der sowjetischen Bürokratie am äußeren Tor durchdrungen hatten, wo wir an einem weiteren Jeep vorbeikamen. Darin saßen Wing Commander ELLIS und Squadron Leader WILLLIAMS. Der Wing Commander hat einen glatten Kopf, der fast nach teutonischer Art kurz geschoren ist, und ein Paar riesige, unruhige Schnurrbärte, die an den Enden kavalierhaft hochgekämmt sind; diese haben ihm den Spitznamen „Electric Whiskers“ eingebracht.
Ein ziemlich langer Lauf zum Kontrollturm brachte uns zu der wunderschönen silbernen Skymaster und der Dakota, die die beiden alliierten Militärdeputationen gebracht hatten. Wir gaben unser Paket ab und machten uns auf den Heimweg, wurden aber am Ausgang zehn Minuten lang aufgehalten und erhielten schließlich die Aufforderung, uns im Kontrollturm an den sowjetischen General zu wenden, der für den Flugplatz zuständig war, der uns offensichtlich die Erlaubnis erteilen würde, den Flugplatz zu verlassen. Nur ein weiteres der zahllosen kleinen Ärgernisse, die dazu gedacht waren, uns auf die Probe zu stellen. Also fuhren wir zum Kontrollturm, wo uns sowjetische Luftwaffendolmetscher empfingen. Wir erklärten unsere Mission und sagten, dass wir drei Mann in einem Jeep seien (oder „Willis“ – ausgesprochen Veellis, – wie die Russen diese Fahrzeuge nennen). Die Erlaubnis, uns passieren zu lassen, wurde an die Kontrollstelle telefonisch durchgestellt. Und so war die Freiheit wiedererlangt. Wir rasten los und kamen rechtzeitig zum Tee in der Messe 43 zurück.
Generalleutnant Ronald Morce Weeks, 1. Baron Weeks (1890 – 1960), wurde 1945 stellvertretender Militärgouverneur und Stabschef der Britischen Zone des Alliierten Kontrollrats in Deutschland. 29https://en.wikipedia.org/wiki/Ronald_Weeks,_1st_Baron_Weeks Mit Schukow-Konferenz ist eine Konferenz am 29. Juni 1945 in Berlin gemeint, an der Marschall Schukow (SU), General Clay (USA) und General Weeks (GB) teilnahmen. Im Einklang mit dem Vorschlag über den Abzug der amerikanischen Streitkräfte aus Thüringen und Sachsen und ihrem Einzug in Berlin wurden allgemeine Vereinbarungen über die Benutzung bestimmter Straßen, Eisenbahnlinien und Luftkorridore durch die westlichen Mächte getroffen, damit diese ihre Rechte auf Zugang nach Berlin ausüben könnten. O. M. Wales nahm an dieser Beratung teil, wobei er dort eine Klärung über die Unterbringung seiner Leute in Neubabelsberg erreichen wollte.
Die Situation wurde jedoch am 29. Juni auf einer Besprechung mit Marschall Schukow in seinem Hauptquartier, an der ich teilnahm, gerettet, als die Genehmigung erteilt wurde, dass alle Einheiten in Magdeburg sofort nach Babelsberg verlegt und ihnen die notwendigen Unterkünfte zur Verfügung gestellt wurden.30Bericht O. M. Wales, S. 9.
Wing Commander John Ellis (1917 – 2001)31https://en.wikipedia.org/wiki/John_Ellis_(RAF_officer) sowie https://www.tracesofwar.com/persons/46085/Ellis-John.htm wurde von W. D. A.Williams begleitet, der mit zur britischen Delegation gehörte. Zu seiner Person gibt es keine Informationen und die Beschreibung von Ellis passt nicht zu den von ihm bekannten Fotos aus dieser Zeit.
Am selben Tag noch musste sich George Leggett erneut auf den Weg nach Kladow machen. Das Vorauskommando von 19 Staging Post war eingetroffen und benötigte seine Hilfe als Dolmetscher.
Mein Aufenthalt in Babelsberg wurde heute Nachmittag beendet. Staffelführer WILLLIAMS bat mich, meine beiden Taschen zu packen, und brachte mich in seinem Jeep zurück nach Kladow.
Hier fand ich etwa 100 Flieger, die den Voraustrupp der R.A.F. bildeten, die in einem Hangar der Luftwaffe kampierten und hauptsächlich in ihren Lastwagen und auf für die Nacht aufgestellten Feldbetten schliefen. Auf dem Rollfeld vor dem Hangar war gerade eine Partie Fußball im Gange, als wir ankamen. Man erklärte mir, daß die R.A.F.-Gruppe auf Befehl des sowjetischen Flugplatzkommandeurs, der den Zugang zur Graslandefläche verboten und keine besonderen Vorkehrungen für die Verpflegung oder Einquartierung der Neuankömmlinge getroffen hatte, praktisch in den Hangar eingesperrt worden war.
Es scheint wenig Kontakt zwischen uns und den Russen zu geben, wobei Wing Commander ELLIS das einzige Bindeglied ist. Bewaffnete russische Wachen patrouillieren an der Grenze des Flugplatzes. Ein weiterer Teil des RAF-Regiments ist eingetroffen und befindet sich in einem anderen Teil des Gebiets in Zelten. Beträchtliche Verstimmung wird von den R.A.F.-Jungs über diesen Zustand zum Ausdruck gebracht. Sie sind seit zwei Tagen hier und leben in einem kahlen Hangar.
Der Dolmetscher teilte das Schicksal der Einheit und half, die Situation zu normalisieren.
Es ist mir gelungen, ein richtiges Federbett zu beschaffen, allerdings ohne Matratze, und ein paar Decken. Außerdem habe ich zwei geschnorrte Laken sowie aus der Ringstraße (in Babelsberg) ein Handtuch, einen Kissenbezug und ein paar Armeedecken mitgebracht, die ich mir ehrenhaft von ‚Nag‘ geliehen habe. Die R.A.F. sind sehr anständig zu mir, leihen mir Dosen und Essgeräte für die Mahlzeiten, Waschzuber aus Segeltuch zum Rasieren usw.. Sie zeigen alle Eigenschaften guter Gesellschaft. Mit den R.A.F.-Offizieren und Warrant Officers schlafe ich in der Werkstatt, die an einem Ende des Hangars abgetrennt ist. Ein sehr sympathischer junger Funker spielt an seinem Radio und schaltet dann das A.E.F.-Programm ein, eine Abfolge von heißen Jazznummern und nostalgischen Croon-Songs…
Ich habe mich mit Flight Lieut. LE BON, einem der Met, angefreundet. Offizier hugenottischer Abstammung und war vor Kurzem als Verbindungsoffizier in Le Bourget stationiert. Er ist ruhig und sanftmütig und in Friedenszeiten Dozent für Geographie an der Londoner Universität gewesen.
Im Operations Record Book ist Flight Lieutenant Le Bon nicht aufgeführt.
30. Juni 1945
Am Sonnabend, dem 30. Juni 1945, erfolgte die offizielle Übergabe des Flugplatzes Gatow an die Briten.
Heute früh wurde ich von Geschwaderkommandeur ELLIS zu einer Besprechung in den Kontrollturm gebracht, die von dem sowjetischen General geleitet wurde, der das Flugfeld als Ergebnis der gestrigen Besprechung mit Schukow uns und den Amerikanern übergab. Der sowjetische General ist ein kräftig gebauter, dynamischer Mann mit einer Ausstrahlung von großer Autorität und Entschlossenheit. Die Bedingungen für die Verlegung der Wohnräume, der Wachdienste, der Küchen, der Möbel usw. werden besprochen und der sowjetische General versprach, bis zum Abend alles vollständig zu räumen, so dass nur noch ein kleiner Stab von 15 Russen übrig bliebe, um die sowjetische Telefonzentrale im Keller des Kontrollturms zu warten und die Freigaben für unsere Flugzeuge zu erteilen, die in die sowjetisch besetzten Gebiete flogen. General Hovey vertrat die Amerikaner. Der US-Dolmetscher war ein gut aussehender, dunkler Major Anfang dreißig, der das schönste und fließendste Russisch sprach. Ein dicker russischer Oberst von komischem Aussehen und Auftreten (das Ebenbild des expansiveren Partners in der Laurel/Hardy-Truppe) betrat den Konferenzraum und stand steif da, wenn er von seinem General angesprochen wurde. Die Russen hatten ein ziemlich hübsches Mädchen als Dolmetscherin -Leutnant GRIGOREVA.
Die Erleichterung und Lebhaftigkeit war groß, als sich die gute Nachricht verbreitete. Bald befanden wir uns in einer Besprechung mit den Amerikanern, die wie wir in einem anderen Hangar eingeschlossen gewesen waren.
Es handelte sich vermutlich um Generalmajor Burton Murdock Hovey Jr. (1905 – 1978). Am 22. April 1945 übernahm er das Kommando über das Berlin Air Command (B.A.C.), befand sich ab Juni in Berlin und leitete das B.A.C. bis 30. Oktober 1945 .32https://www.af.mil/About-Us/Biographies/Display/Article/106717/major-general-burton-murdock-hovey/. Siehe auch: https://generals.dk/general/Hovey/Burton_Murdock_Jr./USA.html Nach Beendigung der Verhandlungen musste noch am 30. Juni der an der Elbbrücke bei Magdeburg durch die Sowjets aufgehaltene Großteil von 19 Staging Post nach Gatow gebracht werden.
14.00 Uhr
Wir packten ein paar Habseligkeiten zusammen und machten uns mit Staffelführer WILLIAMS D.F.C.33Das Distinguished Flying Cross (D. F. C.) ist als militärische Kriegsauszeichnung Teil des britischen Ordenssystems. Es wird an Mitglieder der Royal Air Force für Tapferkeit während aktiver Teilnahme an Kriegshandlungen verliehen. auf die lange Reise nach Magdeburg, da es die Absicht des Staffelführers war, den Hauptteil des R.A.F.-Kontingents, bekannt als 19 Staging Post (19 S.P.), nach Kladow zu führen. Wir bogen ein- oder zweimal falsch ab, fuhren aber mit großer Geschwindigkeit über die Autobahn. Unser Jeep erreichte schließlich die äußere Barriere bei Magdeburg, etwa 80 Meilen entfernt, und hier stießen wir auf das erste Hindernis.
Wir mußten dem sowjetischen Offizier an der äußeren Schranke eingestehen, daß wir keine von General Kruglow unterzeichnete Sondergenehmigung hätten, und er uns riet, sofort nach Potsdam zurückzukehren, um diese einzuholen. Aber nach einigem Zureden eskortierte er uns und unsere drei Motorradfahrer zum örtlichen Hauptquartier, wo wir zu einem sowjetischen Oberst geführt wurden. Unsere Unterredung, die viele Telefonate erforderte, dauerte etwa zwei Stunden oder länger. Ich muß sagen, daß der Oberst wirklich charmant und sehr hilfsbereit war, obwohl er natürlich ohne die entsprechende Genehmigung absolut nichts für uns tun konnte. Ich flehte und stritt, und endlich begannen wir, etwas zu erreichen. Der Oberst erklärte sich bereit, uns einen Paß auszustellen, der uns erlaubte, bis zur Schranke Nr. 2 in der Nähe der Magdeburger Brücke zu gelangen.
So weit, so gut. An dieser gewaltigen Barriere parkten wir unauffällig unseren Jeep, während Staffelführer WILLIAMS sich mit einem zierlichen und aufgeregten kleinen sowjetischen Oberstleutnant anfreundete, der ihn auf die Brücke gehen und sich dort mit unseren Leuten auf der anderen Seite beraten ließ Die Schlacht war fast gewonnen.
Die sowjetische Seite hatte ihre eigenen Vorstellungen, in welcher zahlenmäßigen Stärke sie Amerikanern und Briten gestattete, sich durch ihre Besatzungszone nach Potsdam bzw. Berlin zu begeben. Es war keine einfache Situation für die Truppen, die dieses Gebiet eingenommen hatten, nun den Alliierten zu erlauben, sich dort dauerhaft einzurichten.
Die Hauptgefahr bestand darin, daß der Konvoi der 19. S.P., der um 06.00 Uhr in Magdeburg abfuhr, nicht rechtzeitig eintreffen könnte, um sich an den riesigen Konvoi von 650 Fahrzeugen anzuhängen, der sich während der fünf Tage auf der britischen Seite der Brücke angesammelt hatte und dem soeben die Erlaubnis erteilt worden war, nach POTSDAM weiterzufahren. Nach früheren Erfahrungen schätzten wir, dass weitere 180 R.A.F.-Fahrzeuge von den Russen in der allgemeinen Aufregung nicht bemerkt werden würden. Aber sobald der Hauptkonvoi passiert war, würde kein anderes Auto oder Motorrad ohne besondere und separate Genehmigung durchgelassen werden. Glücklicherweise dauerte es ab 18.00 Uhr bis 22.00 Uhr, um den Konvoi zu organisieren, und die 19. S.P.-Gruppe in diesen einzufügen.
Die Fahrzeuge begannen in einer endlosen Prozession über die Brücke zu rumpeln. An jeder der zwei oder drei Schranken in Magdeburg wurde der Konvoi aufgehalten, und erst um 23.00 Uhr, in der Dunkelheit, war die Ordnung wiederhergestellt und die ganze Kette von Autos und Lastwagen reihte sich am Wegesrand auf der sowjetischen Seite der Brücke auf. An dieser Stelle traf ich Major BODDINGTON, der zusammen mit Oberstleutnant BEVAN, dem G.S.O.1 (4 L. of C.), die vorhergehenden drei Tage außerhalb von Magdeburg gelagert hatte.
Major Horace Frank Boddington (1891 – 1970) war als Geheimdienstoffizier im Hauptquartier der britischen Delegation.34https://boddington-family.org.uk/person_display.php?pers=3879&az=base_person_display,%20bpd.46,%20fpd/pD.278,%20fpd/dC.864 John Henry Bevan (1894 – 1978) war ebenfalls beim Geheimdienst. In der britischen Armee steht GSO1 für Generalstabsoffizier 1. Klasse, ein hochrangiger Offizier im Generalstab (GS), der für verschiedene strategische und operative Aspekte der militärischen Planung verantwortlich ist, einschließlich Nachrichtendienst und Operationen, Ausbildung oder Stabsaufgaben. Das „G“ in GSO steht für den Generalstab, der sich mit den Befehls- und Kontrollfunktionen der Armee befasst. Die Ziffer „1“ gibt den höheren Dienstgrad des Offiziers innerhalb der Stabsstruktur an.
Eine halbe Stunde später gab es einen gescheiterten Versuch von Staffelführer WILLIAMS, den R.A.F.-Konvoi von der Hauptkolonne zu trennen, da er den Befehl hatte, sie für die Nacht auf der Autobahn zu behalten. Der russische Führer, ein Major, bestand darauf, dass die betreffende Operation 20 Meilen weiter stattfinden sollte, und es brach eine wütende Auseinandersetzung zwischen dem Staffelführer und Oberst BEVAN aus. Das Ergebnis war, dass wir 20 Meilen im Konvoi weiterfuhren und dann eine ganze Stunde oder länger die RAF-Fahrzeuge von dem allgemeinen Verkehrsstrom, der sieben Meilen lang gewesen sein musste, loslösten und anhielten. Der nicht enden wollende Lichterumzug auf der Autobahn bot einen außergewöhnlichen Anblick. Um 03.00 Uhr rollte ich mich auf den Fahrersitz eines deutschen Charabanc, der für R.A.F.-Zwecke umgebaut worden war, und schlief so ein, wie ich war.
Brigadier O. M. Wales war ebenfalls über die Klärung des Flugplatzproblems erleichtert.
In den letzten vier Tagen waren beträchtliche Fortschritte bei der Klärung der Frage des Flugplatzes erzielt worden, der den Delegationen dienen sollte, und es wurde nun endgültig vereinbart, daß der Flugplatz in Kladow, der zwischen Potsdam und Spandau lag, von den Russen übernommen und von englischen und amerikanischen Stäben geteilt werden sollte. No. 19 Staging Post, Transport Command, RAF, unter dem Kommando von Wing Comd Ellis, richtete sich dort ein, und es stellte sich heraus, dass es keine Aufgabe für die Airfield Construction Group gab, die daher nicht herbei gerufen wurde.35Bericht O. M. Wales, S. 9.
Am 30. Juni, Oberst Crankshawe; Fräulein Joan Bright und ein halbes Dutzend Vertreter des Kriegskabinetts und des Auswärtigen Amtes trafen auf dem Luftweg in Kladow ein und wurden nach Babelsberg gebracht, um sich meiner Gruppe anzuschließen.36Ebenda, S. 10.
1. Juli 1945
Die Kolonne musste die Nacht auf der Autobahn zubringen, bevor sie am nächsten Tag, Sonntag, 1. Juli 1945, weiterfahren konnte.
Nicht sehr lange geschlafen, denn um 07.00 Uhr waren wir wieder auf den Beinen. Unser Konvoi wurde auf offenem Felde, am Rand der Autobahn, angehalten. Ich fühlte mich schläfrig und sehr schmutzig. Ich wusch mich in einem kalten Becken mit Wasser und rasierte mich trocken mithilfe eines seltsamen Instruments, das ich mir von einem erfinderischen RAF-Offizier geliehen hatte. Dann ein Spaziergang zur Spitze des Konvois, wo ein ausgezeichnetes Frühstück mit gebackenen Bohnen und Brot serviert wurde. Im Großen und Ganzen waren wir recht guter Dinge. Danach dann die lange, langsame Fahrt nach POTSDAM mit einer Mittagspause mitten in einem Nadelwald. Eine Gruppe von Zivilistinnen kam aus dem Wald auf uns zu und beschwerte sich über die bösartige Behandlung, die ihnen von den grausamen Russen zuteil wurde, die die Bevölkerung ausplünderten, vergewaltigten und massenhaft zur Zwangsarbeit deportierten. Später kam ein stämmiger russischer Major auf uns zu und unterhielt sich mit unserem M. O. über die Penicillinforschung und -produktion.
Um ca. 17.00 Uhr erreichten wir Kladow und fanden jetzt ein echtes Quartier für uns bereitet. Mit Fliegerleutnant LE BON bezog ich Zimmer 70 im Offiziersquartier und machte mein Bett mit zwei Lagen „Keksen“ – Sektionsmatratzen. Dann eine richtige Dusche, noch kalt, und das richtige Auftragen von Seife, ein Wechsel der Wäsche und eine gute warme Mahlzeit. Ein dritter Gefährte, F. L. STONEHAM, gesellte sich zu uns in unser Zimmer, der mich mit einer Tasse Mosel verwöhnte, während wir einen zitternden und leuchtend bunten Regenbogen beobachteten, der draußen die deutschen Tannen und Kiefern überspannte.
Das Operation Record Book enthält für den 1. bis 3. Juli 1945 folgenden Eintrag:
Die Einheit packte aus und bezog die neuen Quartiere. Der Flugplatz war zuvor von den Russen besetzt gewesen, die vor ihrem Abflug fast die gesamte leicht entfernbare Ausrüstung usw. mitgenommen und Unordnung und Chaos hinterlassen hatten. Zivile Arbeitskräfte wurden dringend benötigt, damit Station und Flughafen bis zum 15. des Monats wieder einsatzbereit waren. Der stellvertretende Adjutant wurde zum Offizier für zivile Arbeitskräfte ernannt und begann mit der Beschaffung von Zivilisten für die Arbeit auf dem Flugplatz. Mit unseren russischen Verbündeten wurden Verhandlungen über die Freistellung dieser Zivilisten geführt, damit diese für uns arbeiten konnten.
Nach dem Operations Record Book (ORB) landeten in Gatow am 1. Juli 1945 zwei britische Flugzeuge, aus Fuhlsbüttel kommend, mit insgesamt vier Passagieren.
2. Juli 1945
Am 2. Juli, Montag, wurde der normale militärische Alltag auf dem Flugplatz organisiert.
Heute Morgen nahm ich an einer R.A.F.-Konferenz teil, die von Wing Commander ELLIS geleitet wurde. Bei all seinen Freibeuter- und Draufgängerangewohnheiten ist er dennoch ein energischer Verwalter und scheint die Dinge sehr schnell in Bewegung zu bringen.
Nachdem Leggett im Hauptquartier der britischen Delegation in Neubabelsberg war und dort die ersten Vorbereitungen für die Unterbringung der Delegation erlebte, kehrte er nach Kladow zurück.
Heute abend machte ich einen Spaziergang vor dem Flugplatz in Begleitung von Fliegerleutnant STONEHAM. Dabei ereignete sich ein seltsamer Vorfall.
Wir wurden von einem deutschen Zivilisten angesprochen, etwa 50 Jahre alt, gut aussehend und von herrischem Aussehen, der mit seiner kleinen Tochter am Lenker Fahrrad fuhr. Er verwickelte uns in ein Gespräch und erzählte, dass er als Kinobetreiber in den U.F.A.-Studios gearbeitet habe und dann als wissenschaftlicher Mitarbeiter in den Laboratorien der Luftwaffe auf dem Flugplatz Kladow. Er behauptete, er sei an der Verschwörung vom 20. Juli zur Ermordung Hitlers beteiligt gewesen und habe die Frau des Oberst Graf von Stauffenberg persönlich gekannt. Als er kompromittiert wurde, wurde er verhaftet, zu einem Jahr Gefängnis verurteilt und inhaftiert. Doch im Januar 1945 wurde er freigelassen, und als die Rote Armee den Bezirk besetzte, rächte er sich an seinen ehemaligen Verfolgern, indem er sie denunzierte. So wurde er bei den Russen bekannt, und eines Tages aus seinem Haus geholt und mit dem Auto zur örtlichen Sowjetkommandantur gebracht, wo er und eine Schlange anderer Deutscher gezwungen wurde, ein in russischer Sprache verfasstes Dokument zu unterschreiben, das, wie man ihm erklärte, die Verpflichtung enthielt, den Russen alle nützlichen Informationen über die Sympathisanten der deutschen Faschisten oder über die Amerikaner mitzuteilen, sowie über den Einzug in den Flugplatz Kladow. Mit anderen Worten, Spionage von sehr niedrigem Grad.
Er befand sich nun in einer schwierigen Lage, da er es nicht wagte, mit leeren Händen zu den Russen zu gehen, und wollte sich mit einem US-Offizier in Verbindung setzen, dem er die ganze Angelegenheit klar machen würde. Er nannte uns seinen Namen und seine Adresse – George HILZ, Gautinger Weg 32, Kladow. Im gleichen Atemzug erhob er laute und bittere Klagen gegen die Russen, die übliche Geschichte von Mord, Vergewaltigung und Brandstiftung und der Massendeportation zur Zwangsarbeit an unbekannte Ziele. Er fing auch an, seltsame Fragen über das Wachsystem auf dem Flugplatz zu stellen, wie lange wir dort bleiben wollten usw. Wir blieben völlig unverbindlich und sagten ihm, dass wir die Sache prüfen würden, aber nichts versprechen könnten. Viele Details und Aspekte der Geschichte ließen Zweifel an seiner Ehrlichkeit aufkommen: War er vielleicht ein Mensch, der sich bei den Amerikanern einschmeicheln wollte, oder ein sowjetischer Provokateur bzw. ein Deutscher, der absichtlich Zwietracht zwischen den Alliierten säte? Wir müssten uns beraten und Major BODDINGTON auf die Angelegenheit aufmerksam machen. HILZ bezog sich übrigens auf einen guten Freund von ihm, der ebenfalls in Kladow lebte, einen gewissen Joseph MASSOLLE, der in der Kinowelt offenbar als Produzent oder Techniker bekannt war.
Am 2. Juli war es laut ORB ein Flugzeug, das mit 11 Passagieren abflog. Vermutlich handelte es sich um die Personen, über die Brigadier Wales in seinem Bericht schrieb:
Am 2. Juli, als die Gruppe mit dem Flugzeug nach London zurückkehrte, hatte ich eine sehr viel klarere Vorstellung davon, was wir zu tun hatten und wie wir es angehen sollten. Letzte Einzelheiten über die Ankunft von Spezialvorräten und -ausrüstungen auf dem Luftweg aus London wurden ebenfalls zwischen meinem Stab und Oberst Crankshawe vereinbart, und es wurde auch ein Programm mit den Ankunftsdaten des Verwaltungspersonals festgelegt, das den Delegierten vorausgehen sollte.
Es waren Mitglieder eines Vorauskommandos aus den Kabinettsbüros und dem Auswärtigen Amt. Joan Bright wird erwähnt und aus dem Außenministerium Mrs. Gibbs.37Bericht O. M. Wales, S. 10. Auf dem Flugplatz in Kladow wurde auch eine Sanitätseinheit stationiert, die zum britischen Allgemeinen Krankenhaus Nr. 84 gehörte und auch eine Krankenstation auf dem Delegationsgelände in Neubabelsberg betrieb. Wales schrieb darüber: „Dieses Krankenhaus wurde von der Voraustruppe des britischen Allgemeinen Krankenhauses Nr. 84 errichtet, dessen Hauptteil auf dem Flugplatz von Kladow in einer sehr guten Unterkunft untergebracht war.“ 38Bericht O. M. Wales, S. 14. Des Weiteren berichtet der Brigadier:
Eine besonders attraktive Abkürzung vom Delegationsbereich zum Flugplatz in Kladow führte den größten Teil des Weges durch schöne Wälder entlang des Seeufers und überquerte eine Pontonbrücke, die am Standort einer alten Fähre errichtet worden war. Das war die Route, die alle Mitglieder der Delegation für die An- und Abreise benutzten.39Ebenda, S. 15 f.
3. Juli 1945
George Leggett blieb noch am 3. und 4. Juli 1945 in Kladow. Seine Tagebucheinträge enthalten eine Vielzahl von Informationen, mit deren Hilfe sich die damalige Situation auf dem Flugplatz rekonstruieren lässt. Über den 3. Juli berichtet er:
Heute habe ich mich in meinem Büro in Raum 24 im Kontrollturm einquartiert. Das teile ich mit dem Adjutanten und dem A.L.O.40„ALO“ kann für Army Legal Officer im Zweig Army Legal Services (ALS) der britischen Armee stehen , oder für Army Liaison Officer / Air Liaison Officer, eine Abkürzung aus dem Zweiten Weltkrieg . ALS-Offiziere sind qualifizierte Rechtsanwälte oder Solicitors, die Rechtsberatung leisten und vor Kriegsgerichten Anklage erheben, während ein Army Liaison Officer als Kontaktperson zwischen verschiedenen Streitkräften oder zivilen Organisationen fungiert. Ich habe einen Paß ins Deutsche übersetzt, den die Leute der C. M. P. den deutschen Zivilarbeitern beim Betreten des Flugplatzes auszustellen gedenken.
Mit Fliegerleutnant FULLERTON, vom C.M.P.41 Fullerton war der Sicherheitsoffizier von 19 Staging Post und seinem flämischen Unteroffizier-Dolmetscher besuchte ich Leopold TESKER, den deutschen Bürgermeister von Kladow, und wir stellten ihm unsere Forderungen nach zivilen Arbeitskräften, qualifizierten und ungelernten. Die Bitte wurde in einer unumstößlichen Weise gestellt, so daß eine Ablehnung nicht möglich war, und obgleich die Bedingungen schwierig waren und ihm wenig Zeit zur Erfüllung blieben, so handelte der Bürgermeister doch in der entgegenkommendsten Weise. Er nahm Befehle entgegen und sorgte sofort für deren Ausführung. Kein Gegenargument, keine Entschuldigung, nur ein wenig am Rande die Bemerkung, dass die Deutschen froh seien, die Arbeit für uns und nicht für die Russen zu erledigen. Dies zeigte bei uns keine Wirkung, und Fliegerleutnant Fullerton fügte die Drohung hinzu, daß, wenn die Arbeiten nicht in zufriedenstellender Weise ausgeführt würden, die Schuldigen den Russen ausgeliefert würden. Der Bürgermeister erklärte, er werde seine Befehle nach besten Kräften ausführen. Als Entschuldigung erwähnte er, daß die örtlichen sowjetischen Behörden eine Liste von etwa 100 arbeitsfähigen deutschen Männern und Frauen vorgelegt hätten, die sich morgen zu einem bestimmten Zeitpunkt melden und Lebensmittel für mehrere Tage mitbringen sollten. Das bedeutete, dass sie zur Deportation bestimmt waren.
Ich stellte fest, daß der belgische Unteroffizier, der deutsch sprach und einen starken flämischen Akzent hatte, sich gegen alle Deutschen, denen er begegnete, höchst grob benahm, selbst gegen den Bürgermeister, der ja sehr gefällig, aber auch würdevoll und korrekt war. Ich hatte zuvor den gleichen charakteristischen Haß bemerkt, der auch im Benehmen von Jerry Lucker zum Ausdruck kommt: Es scheint, als ob die Belgier darauf bedacht sind, alte Rechnungen zu begleichen.
Mit Fliegerleutnant STONEHAM, bin ich heute abend durch die Weiten des Flugplatzes gewandert, der übrigens von Deutschen und Russen gleichermaßen als einer der brauchbarsten in dieser Gegend gepriesen wird, besser als der in Tempelhof, der den Amerikanern zur dauernden Nutzung zugeteilt wird. Wir untersuchten aus nächster Nähe einige grotesk geformte Türme mit phantastischen Drahtanhängen und entdeckten, dass es sich dabei um ausgeklügelte deutsche Radar-Geräte handelte. Mit einem Seil kletterten wir auf die Plattform eines solchen Monstrums und stellten fest, dass alle unverständlichen Instrumente im Kontrollraum zerlegt oder zerstört worden waren.
Beim Betrachten der Trümmer deutscher Flugzeuge, vor allem von Übungsmaschinen, aber auch einiger moderner und leistungsstarker Jagdflugzeuge, die in einer von Tannenzweigen anständig abgeschirmten Halle lagen, wurden wir von einem älteren, eleganten französischen Oberst angesprochen, der uns in ein Gespräch verwickelte und es für selbstverständlich hielt, dass wir beide fließend Französisch sprachen. Er gehörte der Voraustruppe der französischen mechanisierten Einheit an, die als Teil der amerikanischen Task Force in Berlin einmarschieren. Er erzählte uns, dass in den französisch besetzten rheinischen Gebieten der gallische Soldat, der sich nicht um Verbrüderung scherte, schnell die Herzen der blonden, anmutigen Rheinmädchen gewann. Diese sind übrigens höchst anziehend und strafen mit ihren schlanken mädchenhaften Figuren die volkstümliche Darstellung der rundlichen und heimeligen deutschen Hausfrau Lügen.
Auf dem Rückweg zu unserem Quartier stießen wir zufällig auf eine ganze Kolonie ansehnlicher Pilze, die wir mit Fleiß pflückten und für das Frühstück aufbewahrten.
Am 3. Juli landeten zwei Flugzeuge, die am gleichen Tag wieder starteten, an Bord 7 Fluggäste.
4. Juli 1945
Am Morgen des 4. Juli 1945 verzehrten Leggett und seine Kameraden die am Abend zuvor gefundenen Pilze. Dann musste er nach Babelsberg fahren und von dort zum Dolmetschen in das Hauptquartier der Roten Armee in Berlin.
Die Besprechung war erst gegen 18.15 Uhr zu Ende, und dann eilten wir mit hoher Geschwindigkeit durch das verwüstete Berlin und Potsdam nach Kladow zurück, wo General WHITE und sein Gefolge sofort aufbrachen. Nach dem Essen half ich dem Arzt der R.A.F., die deutschen Anweisungen für die Nutzung des Wasser- und Heizungssystems im Keller des Krankenhauses zu entziffern. Während wir so beschäftigt waren, wurden wir von zwei gewaltigen Explosionen etwas erschüttert, die das Glas aus mehreren Fenstern sprengten. Entweder Sprengung oder Minenräumung.
Es handelte sich offensichtlich um Hugh Granville White (1898–1983), der 1945 den Rang eines Air Commodore42https://en.wikipedia.org/wiki/Hugh_White_(RAF_officer) trug und die Flugzeugtechnikschule der RAF auf dem Stützpunkt Halton43https://en.wikipedia.org/wiki/No._1_School_of_Technical_Training_RAF leitete. Er kam mit einer Avro 652 Anson, einem zweimotorigen Tiefdecker des britischen Flugzeugherstellers Avro. Einem leichten Passagier- und Postflugzeug.44https://de.wikipedia.org/wiki/Avro_Anson White hatte die 21. Armeegruppe aufgesucht, die nach der deutschen Kapitulation Hauptquartier der britischen Truppen in der britischen Besatzungszone in Deutschland wurde.45https://en.wikipedia.org/wiki/21st_Army_Group
Im Operations Record Book (ORB) vermerkte Commander Perry den Vorgang wie folgt:
General White kam mit Anson vom 21. A. G. Hauptquartier und reiste noch am selben Tag ab.
Mit 11 landenden und startenden Flugzeugen herrschte am 4. Juli in Gatow regelrechter Hochbetrieb. Dennoch wird im ORB, siehe oben, nur auf eines verwiesen.
5. Juli 1945
Am 5. Juli ist der Aufenthalt in Kladow für Leggett zu Ende.
Den Anweisungen des Oberst BEVAN folgend, überführte ich meine wenigen Besitztümer von Kladow nach Babelsberg und tauschte die Plätze mit einem neu eingetroffenen Dolmetscher für zivile Angelegenheiten, NADESCHINE.
Diesen Herrn fand ich in der Ludwigstraße Nr. 12 untergebracht, zusammen mit einem andern Dolmetscher, Herrn Ward, der nun mein Zimmergenosse sein sollte. Nadeschine entpuppte sich als ein großer, älterer, langhaariger Dichter mit slawischen, fast asiatischen Zügen, einem melancholischen, verwirrten Auftreten und einer Abneigung gegen die Kleinlichkeit praktischer Angelegenheiten. Wie ein Prophet, der auf seine Vision bedacht ist, bewegte er sich unter den kriegerischen Philistern um ihn herum. Er bestand darauf, mir und Mr. WARD einige seiner russischen Verse zu zeigen, wobei er fließendes, aber fehlerhaftes Englisch sprach. Endlich gelang es uns, ihn in den Jeep zu packen, der ihn nach Kladow bringen sollte, aber selbst dann sprang er plötzlich heraus, kramte tief in seiner Handtasche und holte einen Ausschnitt aus einer englischen Zeitschrift hervor, auf dem einer seiner Texte abgedruckt war, in englischer Sprache. Das Gedicht trug den Titel „Wehe Montparnasse“ und war in einer ziemlich eindringlichen, beschwörenden Art und Weise verfasst, die im belagerten Albion die Vorkriegs-Assoziationen des Quartier Latin heraufbeschwört, die Sehnsucht nach alten, erinnerten Bistros und Ateliers, ein Klagelied, eine Klage über eine gefesselte Stadt.
J. Langdon Ward war Verwaltungsbeamter im Büro des Außenministers und gehörte mit zur britischen Delegation.
Der Eintrag für diesen Tag im ORB lautet:
Major Boddington i/c Delegation Security und Captain Martin von F.S.S. berieten sich mit Einheit (S) O. F/Lt Fullerton i/c Station und F/Lt Berry A.P.M. bezüglich der Vorbereitungen für den großen Tag. Das Berlin Air Command unter der Leitung von Group Captain Smedley traf ein.
Die Abkürzung „i. c.“ steht für die Formulierung „in charge“, auf Deutsch „verantwortlich“. „F. S. S.“ könnte für Flight Service Station (Flugsicherung) stehen. Major Boddington, verantwortlich für die Sicherheit der britischen Delegation zur Potsdamer Konferenz, und Captain Martin von der Flugsicherung berieten sich mit dem Sicherheitsoffizier von 19 Staging Post, Flight Lieutenant Fullerton, und mit Flight Lieutenant Berry (A. P. M. – Assistent Prime Minister?).
In Verbindung damit steht vermutlich auch die folgende Erinnerung:
Anfang Juli flogen wir nach Berlin, um die RAF-Einrichtungen in Gatow für die bevorstehende Konferenz zu besichtigen. Der Premierminister sollte sich vor seiner Weiterreise ein paar Tage in Biarritz erholen. Mit deutlicher Gelbsucht kehrte ich nach Northholt zurück und wurde in das Krankenhaus des RAF-Stützpunkts Uxbridge eingeliefert. Der Navigator von Ozzie Morris‘ Crew (jetzt auf Ascalon) übernahm meinen Platz.46Mitchell, John: Churchill`s Navigator, London 2010, S. 136.
John Mitchell, von dem dieser Auszug aus seinen Memoiren stammt, war der Navigator der Präsidentenmaschine von Winston Churchill. Die Maschine trug die Bezeichnung „Ascalon“ und vermutlich war vermutlich mit der gesamten Crew bei der Inspektion in Gatow, von wo er schwer erkrankt zum RAF-Flugplatz Northholt47https://de.wikipedia.org/wiki/RAF_Northolt im Westen Londons zurückkehrte.
6. Juli 1945
Die Amerikaner schlugen eine koordinierte Sicherheitskontrollorganisation zwischen der RAF und der US-Luftwaffe vor. Dieser Vorschlag wurde jedoch nicht als zufriedenstellend angesehen.48Eintrag im Operations Record Book.
7. Juli 1945
Konferenz mit den Amerikanern zur Sicherheitskontrolle. Der kommandierende Offizier Wing Commander Ellis war der Meinung, dass das derzeitige System der getrennten Kontrolle britischer und US-amerikanischer Passagiere beibehalten werden sollte. Dies wurde schließlich vereinbart.
Signal von der T.A.F. eingetroffen, das anderen als dem British Air Command Berlin, zu dem wir gehören, den Zugang nach Berlin verbietet? Der Catering Officer der Einheit von P/O F., Coles, flog mit einer Dakota 408 nach Northolt, um Lebensmittel, Wein und Spirituosen für die bevorstehenden Empfänge am Flughafen Gatow abzuholen. Zwei Fernschreiber waren in Betrieb – einer für 4 L. of C. und der andere für die 2. T.A.F.
Die Abkürzungen T.A.F. und 2. T.A.F. stehen für folgende militärische Gruppierung: „Die Second Tactical Air Force (2TAF; deutsch „2. taktische Luftflotte“) war ein militärischer Verband der Royal Air Force (RAF), der 1943 während des Zweiten Weltkrieges aufgestellt wurde und bis 1959, zeitweise als British Air Forces of Occupation, bestand.“49https://de.wikipedia.org/wiki/RAF_Second_Tactical_Air_Force 4 L. of C. meint das Hauptquartier der britischen Delegation in Neubabelsberg.
O. M. Wales berichtet:
Am 7. Juli trafen Oberst Crankshawe, Fräulein Joan Bright und eine Reihe anderer Mitglieder des Verwaltungspersonals der Kabinettsbüros und des Auswärtigen Amtes auf dem Luftweg in Kladow ein und brachten die Nachricht mit, daß der Tag der Ankunft des Premierministers und der wichtigsten Mitglieder der britischen Delegation definitiv auf den 15. Juli festgesetzt worden sei. So hatten wir nur eine Woche Zeit, um alle Vorbereitungen abzuschließen.50Bericht O. M. Wales, S. 20.
8. Juli 1945
Air Commodore Whitney Straight, A.O.C., 46 Group und Air Commodore Brackley S.A.S.O. Transport Command reisten auf dem Luftweg an und kehrten am selben Tag zurück.51Eintrag des ORB.
Air Commodore Whitney Willard Straight (1912 – 1979) war im Juni 1945 zum Air Officer Commanding (A.O.C.) der No. 46 Group der Royal Air Force ernannt worden. Die No. 46 Group war an den wichtigen Schlachten gegen Ende des Krieges beteiligt (u. a. Landung in der Normandie 1944 und Rheinüberquerung April 1945). Sie spielte dabei eine wichtige Rolle bei der Auslieferung von Fracht und der Evakuierung von Verwundeten. Vermutlich ging es bei dem Besuch von Straight in Gatow um die Klärung der Bedingungen für die Lieferung von Fracht an die in Neubabelsberg und in Berlin stationierten Truppen.
Air Commodore Herbert G. Brackley (1894 – 1948) war Senior Air Staff Officer (S.A.S.O.) im Transport Command der Royal Air Force.
9. Juli 1945
Zehn Flugzeuge landeten mit spezieller Fracht für die Konferenz. Eine Maschine war mit Whisky beladen, eine andere mit Geschirr, Gläsern usw. 18 Konferenzmitarbeiter trafen ebenfalls ein. General Earle, Kommandeur des US-Flugabwehrkommandos Europa, traf ein. Generalleutnant Koronadse, Kommandeur der Grenztruppen, und Generalleutnant Kryukov, Kommandeur des NKWD (bei Ogpu), gehörten zu den angesehenen Persönlichkeiten, die die Konferenzteilnehmer bei ihrer Ankunft begrüßten.
Bei „General Earle“ handelte es sich vermutlich um General Earle Everard Partridge (1900 – 1990). Im Jahr 1945 gab es aber offensichtlich kein eigenständiges „US-Flugabwehr Kommando Europa“, sondern die Aufgaben der Flugabwehr wurden von den Einheiten der United States Army (US-Armee) und der United States Army Air Forces (USAAF) wahrgenommen.
Grigori Teofilovich Karanadze (1902 – 1970) war ein georgischer Sicherheitsoffizier und seit dem 9. Juli 1945 Generalleutnant der Staatssicherheit. Er genoss das Vertrauen und die Schirmherrschaft Berijas. Begleitet wurde er vermutlich von Wladimir Wiktorowitsch Krjukow (1897 – 1959), Garde-Generalleutnant seit 1943. Er war u. a. Kommandeur des 2. Garde-Kavalleriekorps und ein enger Vertrauter von Schukow.
10. Juli 1945
Generalleutnant Sir Ronald Weeks traf ein, um an einer Konferenz über die Ernährung der Deutschen in der britischen Zone Berlins teilzunehmen.
Am 10. Juli 1945 wurde in Berlin über die Organisation der Alliierten Militärkommandantur für die Stadt verhandelt, die kurz darauf auch einen französischen Vertreter einlud, und es begannen die ersten Aufräumungsarbeiten und erste Wiederaufnahmen des Nahverkehrs nach dem Krieg.
11. Juli 1945
Es sind große Mengen an Lebensmitteln für die Konferenz eingetroffen.
12. Juli 1945
Feldmarschall Sir Bernard Montgomery traf heute Morgen in seinem Dakoto-Spezialflugzeugein.
Um die Abfertigung der aus Großbritannien zur Konferenz anreisenden VIP-Delegierten und Mitarbeiter zu erleichtern, übernahm die Armee die volle Verantwortung für das gesamte Personal dieser Kategorien. Dementsprechend beschränkte sich die Sicherheitsüberprüfung der Flugzeuge der Delegationen auf die Formalitäten der Abholung und der Überprüfung der Passagiere anhand der Passagierliste. Für alle anderen Passagierkategorien galt die volle Sicherheitsüberprüfung.
Generalleutnant Sir J. Gammell und seine Gruppe reisten aus Moskau an – zusammen mit fünf Kisten Wodka!
13. Juli 1945
Eine Gruppe von sechzig Fliegern des 19 Staging Point unter Führung des kommandierenden Offiziers Wing Commander Ellis, F/Lt Moody und S.W.O. Mr. Morgan nahm am Vorbeimarsch der Truppen der Marine, des Heeres und der Luftwaffe des Berliner Gebietskommandos teil. Der Salut wurde von General Lines, dem kommandierenden Offizier des Berliner Gebietskommandos, von einem Posten in der Charlottenburger Chaussee abgenommen.
Der genaue Ablauf der Empfangszeremonie beschäftigte Brigadier O. M. Wales über mehrere Tage. Am 13. Juli fand schließlich die Generalprobe statt.
Das nächste Problem, das angegangen werden mußte, betraf die Art und Weise des Empfangs der Delegationsmitglieder. Nach vielen Diskussionen wurde schließlich beschlossen, daß eine zusammengesetzte Ehrengarde, bestehend aus Abteilungen der Royal Navy, der kanadischen Infanterie und der Royal Air Force, für den Premierminister, den Außenminister, Herrn Atlee, und die drei Stabschefs aufgestellt werden sollte. Im Falle des Premierministers wurde die zusammengesetzte Ehrengarde durch eine Kompanie Grenadiergarde ergänzt. Es wurde auch vereinbart, dass der Weg vom Flugplatz zum Ausgang des Flughafens von Panzerwagen der 7. Panzerdivision und von Männern des R.A.F.-Regiments gesäumt werden sollte.
Mein Plan sah vor, Konvois von Mannschaftswagen für jedes Flugzeug bereitzustellen, mit einer geeigneten Eskorte von bewaffneten Polizisten in Jeeps und Vorreitern auf Motorrädern. Jedes Mitglied der Delegation sollte empfangen und nach Babelsberg begleitet und in sein Haus gebracht werden, wo bei richtigem Plan sein persönliches Gepäck in seinem Zimmer warten und sein persönlicher Stab anwesend sein würde. Für den Premierminister sollte eine Ehrengarde von zwei Offizieren und fünfzig weiteren Rängen der 2. Brigade, der Schottischen Garde, auf dem Rasen vor seinem Haus aufgestellt werden.
Alle diese Vorkehrungen wurden am 13. und 14. Juli sorgfältig geprobt, und die Bühne war nun für die Ankunft der britischen Delegation am 15. Juli bereitet.52Bericht O. M. Wales, S. 21.
14. Juli 1945
An diesem Tag ist George Leggett wieder auf dem Flugplatz in Kladow und berichtet in seinem Tagebuch:
12.00 Uhr – Ich bin Oberst GILLCHRIST zugeteilt, einem Kanadier, stellvertretender Direktor der SHAEF-Kriegskorrespondentenabteilung, der jetzt ein paar offizielle sowjetische Zivilfotografen unterstützt, die die Ankunft der VIPs auf dem Flugplatz filmen wollten. Also auf nach Kladow, wo wir die Russen sehr bequem dem örtlichen RAF-Dolmetscher, dem Staffelführer CRICHTON, einem Neuankömmling, zuspielten. Zu den heutigen Ankömmlingen gehörten CADOGAN, General ISMAY und Sir Edward BRIDGES.
Im Operation Record Book steht:
Die Ehrengarde, bestehend aus Abteilungen der R. N., Army (Queens), des R.A.F. Regiments und einer Abteilung der Grenadiers Guards mit Fahnenabzeichen, probte für den großen Tag. F/O L. Gardner (Int) kam per Flugzeug aus Großbritannien an, um am 19. S.P. eingesetzt zu werden.
15. Juli 1945
Der Tag der Ankunft von Premierminister Winston Churchill und anderer hochrangiger Delegationsmitglieder, am 15. Juli 1945 wird im Operation Record Book (ORB) wie folgt beschrieben:
Der große Tag begann sehr ruhig. Um 9 Uhr, als die Sicherheitstruppen ihre Positionen bezogen, war es bereits sehr heiß. Kurz vor dem Mittagessen trafen Feldmarschall Sir. B. Montgomery und Air Marshal Sir Sholto Douglas ein. Um 14:45 Uhr inspizierten die drei Stabschefs, Admiral der Flotte, Sir Andrew Cunningham, Feldmarschall Sir Alan Brooke und Marschall der R.A.F., Sir Charles Portal, alle drei die Ehrengarde. Das Rollfeld, das zuvor am Tag fast leer gewesen war, war nun mit angesehenen Persönlichkeiten gefüllt: Briten, Amerikanern und Russen, wobei letztere die schillerndste waren.
Der stellvertretende Volkskommissar für Auswärtige Angelegenheiten Wyschinski, der den großen Stern eines Marschalls der UdSSR trug, war von etwa einem Dutzend weiterer hochrangiger Mitglieder des russischen Außenministeriums umgeben.
Um 15:00 Uhr trafen Lord Leathers und seine Gruppe ein, gefolgt von dem Rt. Hon. Anthony Eden und Sir William Streng. Um 15:30 traf Mr. Attlee ein. Feldmarschall Sir Henry Maitland Wilson war der nächste der angesehenen Gruppe, der um 17:05 Uhr eintraf. Er traf kurz nach der wichtigsten amerikanischen Gruppe ein, angeführt von Präsident Truman, den Generälen Eisenhower, Arnold, Marshall und Unterstaatssekretär Byrnes.
Um 18:00 Uhr kam der große Moment, auf den die Zuschauer mit größter Spannung gewartet hatten. Der SKYMASTER des Premierministers fuhr auf das Rollfeld, und die Aufregung stieg, als die eigens für diesen Anlass angefertigten Stufen in Position gebracht wurden und die vertraute Gestalt des Premierministers mit einer Zigarre erschien. Er wurde von Feldmarschall Sir begrüßt. B. Montgomery und Air Marshal Sir Sholto Douglas sowie eine Reihe hochrangiger amerikanischer und russischer Offiziere.
George Leggett erlebte den Tag wie folgt:
13.30 Uhr Abfahrt zum Flugplatz Kladow im Wagen von Oberstleutnant JAMES. Wir folgten der neuen Route über die gerade fertiggestellte Pontonbrücke, und etwa alle fünf Meter wurden wir von den Grenzwächtern mit ihren grünen Mützen salutiert, deren Salutbewegung sich auf der ganzen Strecke kräuselte und eine die andere ablöste, als wir uns näherten. Auf dem Flugplatz herrschte Feierlaune. Reihen von Autos, sowohl Militärfahrzeuge als auch Limousinen, standen in Reihen; Scharen von Offizieren der drei alliierten Nationen hatten sich um den Kontrollturm gruppiert, der stolz den himmelblauen RAF-Wimpel und eine Reihe von Signalen trug. Alles sah blitzblank aus, Schilder und Aushänge waren überall, RAF-Polizisten bereit, den Verkehr zu regeln.
14.45 Uhr: Am Eingang des Flugplatzes stehend, fing ich den offenen Reisewagen des Generals KRUGLOW ab, der einen ganzen sowjetischen Zug anführte, sprang hinein und brachte die Gruppe zum Kontrollturm. Im zweiten Wagen saß der Vizekommissar für Auswärtige Angelegenheiten, Vyshinsky, mit dem er nach dem Aussteigen einige Worte auf Russisch wechselte. Er ist ein älterer, ziemlich korpulenter weißhaariger Mann mit rötlichem Teint und hervorstehenden Augen, von gutmütigem Aussehen und freundlichem Benehmen, ganz anders als die Vision des furchterregenden Staatsanwalts der Moskauer Prozesse, die ich mir in meiner Phantasie aufgebaut hatte. Er ist polnischer Herkunft und spricht etwas Englisch.
Es war ein schwüler Tag, die Sonne schien strahlend auf das Geschehen.
15.00 Uhr – In Übereinstimmung mit dem Zeitplan erschien das Flugzeug des Außenministers über unseren Köpfen, wurde von einer Jagdeskorte empfangen und kam nach einem weiten Kreisen zur Landung. Die hohe Gangway wurde herangerollt, und heraus trat Herr EDEN, knabenhaft aussehend, braungebrannt, lächelnd, aber sein zerzaustes Haar sah bedeutend weißer aus als in Jalta. Vielleicht liegt das an dem Schock über die Nachricht von seinem vermissten R.A.F.-Sohn, an der vielsagenden Belastung durch seine Verantwortung oder an seiner kürzlichen Krankheit. Man munkelt, dass seine Krankheit nicht durch ein Zwölffingerdarmgeschwür verursacht wurde, sondern durch De-Gaulle-Steine!
Dann, in Abständen, eine Reihe anderer hervorragender Ankömmlinge: Herr TRUMAN und Herr James BYRNES, alle Stabschefs – Sir Andrew CUNNINGHAME, Sir Charles PORTAL und Sir Alan BROOKE; General Eisenhower, Admiral KING und eine Menge anderer mit ihren Begleitern.
General Karanadse war hier, Cal. Kusnezow und ein paar Generaloberste, MALININ, Stabschef von SCHUKOW, und SOKOLOWSKI, Stellvertreter von Marschall Schukow. Wir brachten einige von ihnen in das V.I.P.-Restaurant im Kontrollturm im ersten Stock und versorgten sie mit Tee, Limonade, Kuchen und Sandwiches.
Der große Moment rückte näher: Um 18.00 Uhr sollte es soweit sein. Eigentlich war es 18.12 Uhr. als Winston Churchill aus seinem Flugzeug stieg und in der Uniform eines Husarenoberst auf der Treppe stehen blieb, um der Menge der Photographen ihre Arbeit zu ermöglichen, während er strahlte, an einer Zigarre fingerte und alten Freunden Grüße zuwinkte. General ISMAY war da, um ihn zu begrüßen, und ebenso Feldmarschall Montgomery, der seltsam klein aussah, aber genau das populäre Ebenbild für die Pressevertreter war, mit Medaillen geschmückt, in seinem üblichen, speziell geschnittenen Kampfanzug mit Uhrkette, die die beiden Brusttaschen verband, und der bekannten Baskenmütze mit zwei silbernen Abzeichen. Es wird erzählt, dass Winston bei der Begrüßung mit einem verschmitzten Lächeln bemerkte: „Hallo Feldmarschall, wie nett von Ihnen, sich speziell für diesen Anlass zu kleiden“. MONTGOMERY war der einzige höhere Offizier, der nicht in Dienstkleidung war.
Der P.M. kletterte hinunter und bahnte sich seinen Weg durch die Menge auf die Ehrengarde zu, die er inspizierte, während eine Kapelle der Royal Marine Militärmusik spielte, die Musikkapellen in weiße tropische Sonnenhelme gekleidet und der Trommler in ein prächtiges Leopardenfell. Die riesige, gebeugte Gestalt des Oberst Kusnezow bewegte sich elefantenartig hinter dem Premier. Churchill sah gesund und glücklich aus, seine Bewegungen waren lebhaft, und alles in allem scheint es, als ob sein Urlaub in St. Jean de Luz ihm sehr gutgetan hatte. Nach der Inspektion wurde er von Brigadier WALES empfangen, der ihn auf der Reise nach POTSDAM begleitete.
Mr. ATTLEE, ein früherer Ankömmling, war ebenfalls mit einer Ehrengarde betraut worden, und seine kleine zivile Gestalt wirkte inmitten dieser Zurschaustellung militärischer Pracht ein wenig unpassend.
Auf dem Flugplatz traf ich Major BIRSE, der seit Jalta einige Ehrungen erhalten hat. Er ist nicht mehr als offizieller Dolmetscher in Moskau stationiert, sondern hat sich nach der Konferenz von San Francisco in London niedergelassen und ist auf seinen verantwortungsvollen Posten in der Martinsbank zurückgekehrt. Paddy BOLTON53Captain Bolton , Patrick , Privatsekretär des britischen Botschafters in der Sowjetunion., privater Assistent von S.E. Sir Archibald CLARK KERR, war ebenfalls da, ebenso wie Tony FIREBRACE.
Ich war ziemlich spät dran, aber musste mich noch um die beiden sowjetischen Kameramänner kümmern, die auf das Dach des Kontrollturms steigen wollten, um ein Foto von der beeindruckenden Aufstellung von Yorks, Dacotas, Liberators und Skymasters zu machen, die die erhabenen Besucher gebracht hatten. Nachdem ich das erledigt hatte, gelang es mir, ein Auto zu finden, und ich eilte zurück nach Babelsberg.
Ausführlich ist auch der Bericht des Kommandeurs des Hauptquartiers der britischen Delegation in Neubabelsberg, Brigadier O. M. Wales.
Der 15. Juli war ein perfekter Tag, und die Sonne schien strahlend.
Die erste „Skymaster“ traf um 14.45 Uhr mit Feldmarschall Sir Alan Brooke, Admiral der Flotte Sir Andrew Cunningham und Marschall der Royal Air Force Sir Charles Portal sowie ihren persönlichen Mitarbeitern ein. Nach einer gemeinsamen Inspektion durch die Ehrengarde wurden sie zu ihren Wagen geführt und zu ihrem Haus in Babelsberg eskortiert.
Das nächste Flugzeug kam um 15.00 Uhr mit Lord Leathers, Generalmajor Holmes, Generalmajor Williams und Generalmajor Laycock.
Die dritte Gruppe, die um 15.15 Uhr eintraf, waren der Außenminister mit Sir William Strang und ihren persönlichen Stäben. Eine Viertelstunde später folgte ihnen Mr. Attlee in Begleitung von Lord Cherwell.
Danach gab es einen Zeitraum von zwei Stunden, in dem die amerikanischen Delegierten, einschließlich Präsident Truman, ankamen. Dies erforderte den Abzug der britischen Ehrengarde, um Platz für die amerikanische Garde zu schaffen. Die Zeitpläne waren jedoch sehr genau, und dieses Manöver stellte keine Schwierigkeiten dar.
Um 17.00 Uhr trafen Feldmarschall Sir Henry Maitland Wilson und Generalleutnant Macready in einem amerikanischen Flugzeug ein. Zu diesem Zeitpunkt wurden die amerikanischen Truppen abgezogen und die britische Ehrengarde nahm ihre Stellung zur Parade ein, bereit für die Ankunft des Premierministers, während sich die zusätzliche Ehrengarde der Grenadier Guards auf ihrer linken Flanke formierte.
Feldmarschall Sir Bernard Montgomery traf um 17.45 Uhr mit dem Auto auf dem Flugplatz ein, bereit, den Premierminister zu treffen, der um 18.00 Uhr landen sollte.
Die „Skymaster“ des Premierministers kam pünktlich um 6.00 Uhr Nachmittags, von einem Geschwader „Spitfires“ begleitet, und machte einen vollkommene Landung. Begleitet wurde der Premierminister von Miss Mary Churchill, Lord Moran und dem Rest seines persönlichen Stabes. Nach einer Inspektion der Ehrengarde in Begleitung des Oberbefehlshabers bestiegen Churchill und seine Gruppe ihre Wagen und wurden nach Babelsberg eskortiert, wo er auf dem Rasen seines Hauses von der Ehrengarde der 2. Brigade der Schottischen Garde empfangen wurde.
Der letzte, der eintraf, war Feldmarschall Sir Harold Alexander, der um 18.30 Uhr auf dem Flugplatz landete.
Um 21.00 Uhr kam General Sir Hastings Ismay zu meiner abendlichen Stabskonferenz und beglückwünschte meinen Stab zu den getroffenen Vorkehrungen. Er übermittelte den Dank der Mitglieder der britischen Delegation für die Art und Weise, wie sie empfangen worden waren, und für „die komfortable Unterkunft“, die zur Verfügung gestellt wurde. Eine Geste, die sehr geschätzt wurde.54Bericht O. M. Wales, S. 22 f.
16. Juli 1945
Als die VIPs und Mitarbeiter sicher untergebracht waren, normalisierte sich das Leben in der Einheit wieder.55Operation Record Book.
17. Juli 1945
Berlin bereitet sich auf die große Parade am 21. vor.
18./19. Juli 1945
Die Konzertgruppe „Stars in Battledress“ gab drei Abende lang eine Show im Bahnhofstheater. Das Personal durfte nun das Lager verlassen, und da das Fraternisierungsverbot teilweise aufgehoben worden war, verließen viele das Lager, um die Lage zu erkunden!
Der kommandierende Offizier erlaubte außerdem, dass das Personal jeden Abend mit dem Bus der Einheit zu Besichtigungstouren nach Berlin gebracht wurde.
21. Juli 1945
Heute war der britische Tag des Sieges in Berlin. Dieser Stützpunkt war am 13. vertreten. Der Premierminister nahm den Gruß von der Tribüne in der Charlottenburger Chaussee entgegen. Der Oberbefehlshaber des Hauptquartiers der britischen Truppen in Berlin übermittelte folgende Botschaft:
„Vielen Dank für die heutige Parade. Sie war erstklassig und höchst inspirierend. Die Beteiligung und das allgemeine soldatische Auftreten waren ausgezeichnet. Bitte sagen Sie allen, wie gut ich sie fand und was für eine tolle Show sie geboten haben.“
22. Juli 1945
Der Standort wurde heute durch den Besuch des Außenministers, des Ehrenwerten Anthony Eden, geehrt. Er hielt in einem der Hangars eine kurze, informelle Rede und dankte 19 SP-Mitarbeitern für ihre Arbeit im Rahmen der Konferenz. Er sagte weiter, dass sie in Potsdam mit vielen Schwierigkeiten konfrontiert seien, diese aber überwunden würden und viel harte Arbeit geleistet werde. In Bezug auf die Innenpolitik betonte er die herausragende Bedeutung des Wohnungsbaus und äußerte die Ansicht, dass die Frage, unabhängig von der Regierung, die am 26. an die Macht käme, mit größter Aufmerksamkeit behandelt werden würde. Nach seiner Rede mischte er sich unter die Offiziere und Mannschaften und beantwortete die Fragen, die ihm von allen Seiten gestellt wurden.
Ein Hangar und einige Nebengebäude wurden heute Abend durch einen kurzen, plötzlichen Sturm erheblich beschädigt. Reparaturen werden derzeit durchgeführt.
Die Damen des Delegationssekretariats wurden abends in der Offiziersmesse unterhalten. Die Band der Einheit tanzte, und das Catering-Team leistete hervorragende Arbeit und bereitete ein abwechslungsreiches Buffet vor. Die Konzertgruppe „Stars in Kampfkleidung“ bot mit ihrer Show den Höhepunkt des Abends.
23. Juli 1945
Lord und Lady Kemsley kamen mit dem Flugzeug aus Northolt.
James Gomer Berry 1. Viscount Kemsley (1883 – 1968) war ein britischer Unternehmer. 1945 gehörten ihm mehrere Tageszeitungen und Illustrierte. Verheiratet war er in zweiter Ehe seit 1931 mit Marie Edith Dresselhuys. Zur Potsdamer Konferenz kam er als es dort um wirtschaftliche Fragen ging und um eine offizielle Unterrichtung von Medienvertretern durch die Führung der britischen Delegation.
24. Juli 1945
ADMIRAL LORD LOUIS MOUNTBATTEN traf per Flugzeug ein und wurde von Air Commodore Whitney Straight, A.O.C. No.46 Group, begrüßt. F/Lt Stoneham (Nachrichtenoffizier) reiste per Flugzeug nach Bordeaux ab, um zum Zwischenstopp 137 versetzt zu werden. Die Balmoral Concert Party begann ihre dreitägige Tournee im Station Theatre.
Zur Anreise des Lords kam auch der Chef des Hauptquartiers der Delegation, Brigadier Wales, persönlich nach Kladow.
Am 24. Juli begab ich mich zum Flugplatz in Kladow und traf dort mit Admiral Lord Louis Mountbatten zusammen, der aus Indien eingeflogen war, um an der Konferenz teilzunehmen.56Bericht O. M. Wales, S. 25.
25. Juli 1945
Die drei Stabschefs und Feldmarschall Sir Henry Maitland Wilson sind heute Morgen per Flugzeug nach Großbritannien abgeflogen. Am Nachmittag reisten auch der Premierminister, Herr Winston Churchill, Herr Attlee, der Rt. Hon. Antony Eden, Lord Leathers und Admiral Lord Louis Mountbatten sowie Air Commodore Whitney Straight nach Großbritannien ab.
O. M. Wales schreibt über diesen Tag:
Am 25. Juli kehrten Mr. Churchill und die Leiter der britischen Delegation auf dem Luftweg nach London zurück, um am 26. Juli bei der Bekanntgabe der Ergebnisse der Parlamentswahlen anwesend zu sein. Ich begab mich nach dem Flugplatz in Kladow und verabschiedete mich von Mr. Churchill, Herrn Eden, Mr. Attlee, Lord Cherwell, Lord Leathers, den drei Stabschefs, Lord Louis Mountbatten und General Sir Hastings Ismay, in der ziemlichen Zuversicht, sie alle am Freitag wiederzusehen. Dies sollte jedoch nicht der Fall sein, und am 28. Juli befand ich mich wieder in Kladow, diesmal mit Mr. Attlee als Premierminister.57Bericht O. M. Wales, S. 25.
26. Juli 1945
Präsident Truman reiste heute Morgen ab 19 SP nach Frankfurt ab und kehrte am Abend zurück.
Gatow erhielt Nachrichten über das Wahlergebnis und es gab einige Spekulationen darüber, ob Winston Churchill mit dem neuen Premierminister Clement Attlee nach Potsdam zurückkehren würde oder nicht.
27. Juli 1945
Am 27. Juli hatte George Leggett ein ganz besonderes Erlebnis. Dies zeigte, welche Schwierigkeiten, die für die Konferenzteilnehmer arbeitenden Personen hatten, zwischen den einzelnen Örtlichkeiten klarzukommen.
03.15 Uhr – Von einem Marinesoldaten geweckt, angezogen, mein Gesicht mit Wasser bestrichen, um mich vollständig aufzuwecken, fand ich dann ein draußen wartendes Auto vor. In der Ringstraße 1/3/5 nahm ich Kontakt zu LONG und O’BRIEN auf, den beiden Boten des Königs, die ich nach Moskau absetzen musste. 70 Diplomatengepäckstücke mit einem Gewicht von 17 Zentner wurden auf einen Lastwagen verladen, und dann holten wir einen russischen Hauptmann (BARANTSOV) ab, der uns in seinem Jeep nach Dalkow, dem sowjetischen Flughafen58Gemeint ist vermutlich der Flugplatz Staaken., bringen sollte. Gleich zu Beginn stieß ich auf einige Schwierigkeiten, denn der Fahrer war irrtümlich angewiesen worden, uns nach Kladow zu bringen, und war sich des Weges nicht so sicher. Ich verbrachte auch einige ängstliche Augenblicke damit, nach dem Auto mit den beiden Kurieren zu suchen, das, vom Lastwagen verdeckt und an einer russischen Leitplanke aufgehalten, falsch abgebogen war. Ich fuhr hinten im russischen Jeep. Die Fahrt durch die menschenleeren Straßen von Potsdam war beeindruckend. Stille herrschte auf den kahlen, verlassenen Ruinen und und kaltes Mondlicht beleuchtete die einst klassischen Konturen von Opernhaus, Kathedrale und Rathaus auf dem anmutigen Marktplatz. Es war ein Schauplatz von eindringlicher Schönheit, der in seinem Zauber fesselnder war, als man beschreiben kann. Und alles herum – Trostlosigkeit und Einsamkeit, im Kontrast zur Poesie einer Sommernacht im Juli.
Aber aus Furcht vor einer verspäten Ankunft rasten wir weiter, an Potsdam vorbei, entlang verlassener Alleen und stiller Dörfer, bis wir unser Ziel erreichten. Ich kontaktierte den sowjetischen Einsatzoffizier, die Postsäcke wurden in das Flugzeug geladen, eine Douglas (Nr.349797!) und um 06.08 Uhr war das Flugzeug in der Luft. E.T.A. 12.00 Uhr Moskau.
Das Operation Record Book teilt lapidar mit:
Der kommandierende Offizier bewirtete hochrangige russische Offiziere in der Messe und alle Anwesenden trugen dazu bei, die englisch-sowjetischen Beziehungen noch weiter zu stärken.
28. Juli 1945
Großer Tag Nr. 2: Der neue Premierminister Clement Attlee und sein Außenminister Ernest Bevin trafen am Abend ein und wurden von Air Commodore Whitney Straight, AOC No. 46 Group und anderen hochrangigen britischen, amerikanischen und russischen Offizieren begrüßt. Auch Sir Archibald Clarice Kerrr war anwesend. Sowohl der Premierminister als auch der Außenminister inspizierten die Ehrengarde des RAF-Regiments, bevor sie nach Potsdam aufbrachen.
F/Lt Brayshaw (Gruppensicherheitsoffizier) besuchte die Station I.(S) O. und brach am Abend mit dem AOC auf. Der AOC kommandierte die Signalabteilung und berichtete von der guten Funktionsfähigkeit der Signalanlagen während seiner Reise hierher. F/Lt Hayes (Gruppensignal-Briefing-Offizier) besuchte die Signalabteilung und äußerte seine Zufriedenheit mit den geltenden Regelungen.
29. Juli 1945
Das Volksopernhaus in der Kantstraße war heute bis auf den letzten Platz gefüllt, als die Berliner Philharmoniker ein Sinfoniekonzert gaben. Zivilisten waren nicht zugelassen, für sie finden jedoch zu verschiedenen Zeiten Konzerte statt.
30. Juli 1945
Stürmisches Wetter. ENSA-Show „Blitz and Pieces“. Drei Nächte lang.
13 Mosquito-Flugzeuge trafen aus Großbritannien ein, um den Premierminister von Potsdam zurück zu eskortieren.
2. August 1945
Der Premierminister reiste am frühen Morgen des 2. August mit dem Flugzeug nach London ab, später am Tag folgten der Außenminister Sir Alexander Cadogan und General Sir Hastings Ismay.59Bericht O. M. Wales, S. 25.
3. August 1945
Der Tag, an dem sich George Leggett zum letzten Mal in Kladow aufhielt. Das war wieder für ihn mit Stress verbunden. Denn die sowjetischen Gastgeber wollten sich in Neubabelsberg würdig von ihren britischen Gästen verabschieden. Mit vielen Umarmungen, Treueschwüren und viel, viel Wodka.
Um 15.15 Uhr.
Ich begab mich mit Joan zur Kommandatur, und dort nahm sie Abschied von General Karanadse und Oberst Kusnezow. Sie waren ein wenig verlegen, weil einige Geschenke, die sie bestellt hatten, nicht eingetroffen waren, aber in der Zwischenzeit besorgten sie Flaschen mit Wein und Wodka sowohl für Joan als auch für Inspektor Hughes60Detective Inspector Lumsden Hughes., den persönlichen Detektiv des Premiers. Bald trafen die Geschenke ein, Schachteln mit Pralinen für Joan und ihren Roten Stern, die repariert worden waren. Ich lockte die beiden N.K.V.D.-Beamten auf die Veranda und postierte sie für ein Foto, wobei ich Joan in die Mitte stellte. Der arme Kusnezow wurde sehr kamerascheu und versuchte, dieser unangenehmen Publicity zu entgehen, indem er das Unmögliche vollbrachte – seinen riesigen Körper auf Dimensionen zu schrumpfen, die hinter seinem winzigen General verborgen werden konnten. Aber es war alles vergeblich, und die Tat vollbracht. Ich habe versprochen, die Ergebnisse nach Moskau zu schicken, wenn sie gut ausfallen sollten. Und dann … verabschiedeten wir uns entschlossen und eilten direkt nach Kladow, um unser Flugzeug zu erreichen. Oberstleutnant Norman und Joans Schwester waren schon im Auto.
Auf dem Flugplatz gab es eine ziemliche Menschenmenge von Freunden und Bekannten. Major BODDINGTON war da, um die Gruppen zu verabschieden und die Sicherheitsvorkehrungen zu überwachen. Joans Flugzeug startete zuerst, eine luxuriöse York, und stieg majestätisch in den blauen, wolkenlosen Himmel.
Gegen 16.35 Uhr startete unser Flugzeug, eine Dakota mit der Seriennummer 660. Unter den übrigen Passagieren befanden sich Hugh Lunghi61Major Lunghi, Hugh, britischer Militärdolmetscher und Major Theakstone62Theakstone, Louis Marguarde, (britischer) Dolmetscher des Sekretariats der Vereinigten Stabschefs..
Personell und von der Struktur her war 19 Staging Post in der Lage, den Flugplatz Gatow zu betreiben. Die erste Aufgabe der Einheit bestand jedoch in Räumungsarbeiten, um das Gelände von Überresten der Anwesenheit der deutschen Truppen, der Kämpfe bei Kriegsende und der kurzzeitigen Anwesenheit der Roten Armee zu befreien.
Die Einheit packte aus und bezog die neuen Quartiere. Der Flugplatz war zuvor von den Russen besetzt gewesen, die vor ihrem Abflug fast die gesamte leicht entfernbare Ausrüstung usw. mitgenommen und Unordnung und Chaos hinterlassen hatten. Zivile Arbeitskräfte wurden dringend benötigt, damit Station und Flughafen bis zum 15. des Monats wieder einsatzbereit waren. Der stellvertretende Adjutant wurde zum Offizier für zivile Arbeitskräfte ernannt und begann mit der Beschaffung von Zivilisten für die Arbeit auf dem Flugplatz. Mit unseren russischen Verbündeten wurden Verhandlungen über die Freistellung dieser Zivilisten geführt, damit diese für uns arbeiten konnten.
Nachtrag
Die Amerikaner und die Briten übten während der Potsdamer Konferenz die Kontrolle auf dem Flugplatz Gatow aus. Für die Bewachung des Geländes sorgten Einheiten der Inneren Truppen des NKWD. Wie die Aufgabenverteilung und die Absprachen konkret abliefen, lässt sich mit offiziellen Dokumenten bislang nicht ausreichend rekonstruieren. Bekannt ist, dass die Briten das technische Personal, das Bodenpersonal und das Equipment für das Ein- und Aussteigen der Fluggäste sowie für das Be- und Entladen der Flugzeuge mit Gepäck stellten. Briten und Amerikaner teilten sich in die Versorgung der Fluggäste und des auf dem Flugplatz stationierten Personals mit Essen und Getränken. Die Aufteilung betraf vermutlich auch das in Gatow vorgehaltene medizinische Personal. Die Briten stellten die für die Gewährleistung der Sicherheit und in Notfällen benötigte Flugplatzfeuerwehr.
Gemeinsam mit den Russen werden sich Briten und Amerikaner die Aufgaben der Flugsicherung im Flugverkehrskontrollturm geteilt haben.
Nicht ganz geklärt werden konnte, wie die Befehlsstruktur zwischen Wing Commander John Ellis und dem Kommandeur von 19 Staging Post, Roy S. Perry, war.
Eine Vielzahl von in den Texten des Weiteren enthaltenen Informationen muss ebenfalls noch verifiziert werden.
Anmerkungen
- 1https://ruskline.ru/monitoring_smi/2005/06/14/potsdam_leto_1945/
- 2Ebenda.
- 3In den 1963 veröffentlichten Memoiren erinnert sich der jüngste Sohn Stalins an seine Dienstzeit in Dallgow-Döberitz. Aber militärische Aspekte beschreibt er nicht, sondern nur einen seiner vielen Versuche, eine neue Ehefrau zu finden.
- 4Ebenda.
- 5Ebenda.
- 6Foreign Relations of the United States. Diplomatic Papers. The Conference of Berlin (The Potsdam Conference) 1945. (In Two Volumes). Volume I, Washington 1960, S. 123.
- 7Ebenda, S. 136 f.
- 8https://www.af.mil/About-Us/Biographies/Display/Article/108094/major-general-edmund-w-hill/
- 9Es könnte sich um Wendell Greene Brockett (1924 bis 2017) handeln. https://www.buchanancody.com/obituary/wendell-ret
- 10Bestätigung des Namens steht noch aus.
- 11https://monmouthtimeline.org/timeline/maury-jones/
- 12https://www.goldenageair.org/
- 13https://www.49squadron.co.uk/personnel_index/detail/Perry_RS
- 14https://www.49squadron.co.uk/extras/perry
- 15Vgl. https://www.nationalarchives.gov.uk/help-with-your-research/research-guides/royal-air-force-operations-record-books-1911-1963/
- 16https://www.nationalarchives.gov.uk/irlist/default.asp?action=1&slctcatagoryid=5
- 17https://www.whodoyouthinkyouaremagazine.com/tutorials/raf-operation-record-books
- 18https://www.rafblakehillfarm.co.uk/
- 19https://en.wikipedia.org/wiki/RAF_Down_Ampney
- 20https://www.rafweb.org/Members%20Pages/Unt%20Histories/Miscellaneous/Personnel.htm
- 21Eine logistische oder administrative Einheit, die Unterstützungsdienste für den RAF-Betrieb bietet.
- 22Station Sick Quarters (SSQ) waren Medizinische Einrichtungen in Militärstützpunkten, typischerweise zur Unterbringung und Behandlung von krankem oder verletztem Personal. Dabei handelte es sich oft um einfache, manchmal sogar provisorische Bauten wie Nissenhütten, deren Ziel es war, den Bedürftigen eine medizinische Grundversorgung und Ruhe zu bieten.
- 23Ein Army Liaison ist ein Verbindungsoffizier, der die Aufgabe hat, Informationen zwischen verschiedenen Einheiten, Organisationen oder sogar Nationen auszutauschen und zu koordinieren. Oftmals dient ein Liaison-Offizier als „kurze Leitung“ zwischen den beteiligten Stellen, um eine effektive Zusammenarbeit zu gewährleisten.
- 24Zur Person siehe die biographischen Angaben: https://archivesearch.lib.cam.ac.uk/repositories/9/resources/1686
- 25Churchill Archives Centre, The Papers of George Leggett, GBR/0014/LEGT
- 26Churchill Archives Centre, The Papers of Lettice Marston, Administrative papers from Potsdam, 1945-08 – 1945-10, GBR/0014/LMAR 1/2
- 27Bericht O. M. Wales, S. 7.
- 28C.M.P. = Corps of Military Police
- 29https://en.wikipedia.org/wiki/Ronald_Weeks,_1st_Baron_Weeks
- 30Bericht O. M. Wales, S. 9.
- 31https://en.wikipedia.org/wiki/John_Ellis_(RAF_officer) sowie https://www.tracesofwar.com/persons/46085/Ellis-John.htm
- 32https://www.af.mil/About-Us/Biographies/Display/Article/106717/major-general-burton-murdock-hovey/. Siehe auch: https://generals.dk/general/Hovey/Burton_Murdock_Jr./USA.html
- 33Das Distinguished Flying Cross (D. F. C.) ist als militärische Kriegsauszeichnung Teil des britischen Ordenssystems. Es wird an Mitglieder der Royal Air Force für Tapferkeit während aktiver Teilnahme an Kriegshandlungen verliehen.
- 34https://boddington-family.org.uk/person_display.php?pers=3879&az=base_person_display,%20bpd.46,%20fpd/pD.278,%20fpd/dC.864
- 35Bericht O. M. Wales, S. 9.
- 36Ebenda, S. 10.
- 37Bericht O. M. Wales, S. 10.
- 38Bericht O. M. Wales, S. 14.
- 39Ebenda, S. 15 f.
- 40„ALO“ kann für Army Legal Officer im Zweig Army Legal Services (ALS) der britischen Armee stehen , oder für Army Liaison Officer / Air Liaison Officer, eine Abkürzung aus dem Zweiten Weltkrieg . ALS-Offiziere sind qualifizierte Rechtsanwälte oder Solicitors, die Rechtsberatung leisten und vor Kriegsgerichten Anklage erheben, während ein Army Liaison Officer als Kontaktperson zwischen verschiedenen Streitkräften oder zivilen Organisationen fungiert.
- 41Fullerton war der Sicherheitsoffizier von 19 Staging Post
- 42https://en.wikipedia.org/wiki/Hugh_White_(RAF_officer)
- 43https://en.wikipedia.org/wiki/No._1_School_of_Technical_Training_RAF
- 44https://de.wikipedia.org/wiki/Avro_Anson
- 45https://en.wikipedia.org/wiki/21st_Army_Group
- 46Mitchell, John: Churchill`s Navigator, London 2010, S. 136.
- 47https://de.wikipedia.org/wiki/RAF_Northolt
- 48Eintrag im Operations Record Book.
- 49https://de.wikipedia.org/wiki/RAF_Second_Tactical_Air_Force
- 50Bericht O. M. Wales, S. 20.
- 51Eintrag des ORB.
- 52Bericht O. M. Wales, S. 21.
- 53Captain Bolton , Patrick , Privatsekretär des britischen Botschafters in der Sowjetunion.
- 54Bericht O. M. Wales, S. 22 f.
- 55Operation Record Book.
- 56Bericht O. M. Wales, S. 25.
- 57Bericht O. M. Wales, S. 25.
- 58Gemeint ist vermutlich der Flugplatz Staaken.
- 59Bericht O. M. Wales, S. 25.
- 60Detective Inspector Lumsden Hughes.
- 61Major Lunghi, Hugh, britischer Militärdolmetscher
- 62Theakstone, Louis Marguarde, (britischer) Dolmetscher des Sekretariats der Vereinigten Stabschefs.
© GeschichtsManufaktur Potsdam, 12. Juli 2025