„Insgesamt beschlagnahmte die sowjetische Regierung 63 Gebäude in Neubabelsberg für die Delegationsmitglieder.“
Diese „fundierte Erkenntnis“ von Tobias Büloff, Beauftragter für Erinnerungs- und Gedenkkultur der Stadt Potsdam, verbreitete die zur Tagesspiegel-Gruppe gehörende Zeitung „Potsdamer Neueste Nachrichten“ am 22. Juli 2025. Der Autor des Beitrages „80 Jahre Potsdamer Konferenz. Wo Truman, Churchill, Stalin und ihre Delegationen in Neubabelsberg wohnten“, Klaus D. Grote, verbreitet in seinem Beitrag falsche Informationen und nicht gerade neue Erkenntnisse zur Geschichte der Potsdamer Konferenz. Nur damit er und die von Sabine Schicketanz als Chefredakteurin geleitete „PNN“ sich gegenüber ihrer Leserschaft als über besonderes Wissen verfügende Person bzw. Zeitung hervortun konnten.
Dabei hätte Herr Grote nur in die knapp 500 m von seiner Redaktion entfernte „Stadt- und Landesbibliothek Potsdam“, 1. Etage, Freihandbibliothek Brandenburgica, gehen brauchen, um sich dort in dem ohne Anmeldung und ohne Kosten einsehbaren Buch „Potsdam. Sowjetische Garnisonsstadt 1945–1994“ zu informieren. Auf S. 57 ist dort zu lesen:
Letztlich waren es ca. 320 Häuser, die in Vorbereitung der Potsdamer Konferenz bzw. in Verbindung mit ihr beschlagnahmt wurden …
Diese Aussage basierte auf einer bereits 2020 angefertigten vergleichenden Analyse der Potsdamer Adressbücher von 1938/39 und 1949.
Erste Hinweise zur Ausdehnung des Sperrgebietes gab es bereits in einem 2019 veröffentlichten Beitrag. Inzwischen konnte die Zahl mithilfe von Dokumenten genauer bestimmt werden.
Die Auswertung von Telefonverzeichnissen der amerikanischen und der britischen Delegation sowie von Plänen der für die Delegationen der USA und Großbritanniens eingerichteten Sperrgebiete zeigte, dass allein für die US-Delegation über 100 Objekte beschlagnahmt worden waren.
Ein Plan des britischen Sektors in Neubabelsberg ist bereits seit 1995 bekannt und wird von der Potsdamer Stadtführergilde für Führungen durch Neubabelsberg genutzt. Mithilfe des Offiziellen Telefonverzeichnisses der britischen Delegation konnten bislang 53 Häuser in Neubabelsberg lokalisiert werden sowie deren Nutzung während der Konferenz und ihre zeitweiligen Bewohner.
Im US-Sektor wurden laut Übersichtsplan Häuser für die Delegation in der Fontanestr. (3), im Espengrund (5), in der Domstr. (31), in der Berliner Str. (heute Rudolf-Breitscheid-Str.) (26), in der Otto-Erich-Str. (16), in der Karl-Marx-Str. (20) und in der Robert-Koch-Straße) (5) genutzt. Hinzu kamen weitere Objekte, die von den drei Delegationen gemeinsam genutzt wurden, z. B. auf dem ehemaligen Gelände der UFA, sowie vermutlich in dem Plan aus verschiedenen Gründen nicht gekennzeichnete Häuser.

Das Telefonverzeichnis der US-Delegation zur Potsdamer Konferenz enthält 546 Einträge zu Personen, die in der amerikanischen Sperrzone wohnten und arbeiteten. In welchen Häusern sie wohnten bzw. wo sie arbeiteten oder wohnten und arbeiteten, lässt sich sehr genau feststellen. Einziges Hindernis ist der Abgleich der 1945 verwendeten Hausnummern mit den aktuellen. Grundlage dafür ist der 1945 erstellte Plan für die US-Sperrzone
Das vorstehend Beschriebene gilt auch für die britische Sperrzone. Hierfür gibt es ebenfalls ein Telefonverzeichnis, das aktuell ausgewertet wird.
Mithilfe der 2020 angefertigten vergleichenden Analyse lässt sich in der Folge bestimmen, welche Häuser von der sowjetischen Delegation genutzt wurden. in den Archiven der USA und Großbritanniens konnte bislang keine Gesamtübersicht für das Sperrgebiet Neubabelsberg gefunden werden. Sie muss aber vorhanden sein.
Das ist der aktuelle Wissensstand, der sich seit 2020 kontinuierlich erweitert.
Jedoch ohne Unterstützung seitens der Stadtverwaltung Potsdam, der für das Schloss Cecilienhof zuständigen Stiftung Preußische Schlösser und Gärten Berlin-Brandenburg (SPSG), der sich in Potsdam für die Belange der Geschichte zuständig fühlenden und aus öffentlichen Mitteln bezahlten Einrichtungen und schon gar nicht durch die in Potsdam erscheinenden Zeitungen PNN und MAZ. Letztere nutzen ihre „Monopolstellung“, um darüber zu entscheiden, was die Öffentlichkeit wissen darf und wie ihr dies aufbereitet wird.
Sehr gute Arbeitskontakte bestehen dagegen zu wissenschaftlichen Einrichtungen und Personen in den USA, Großbritannien und auch nach Russland. Trotz der großen Entfernungen und der nicht vorhandenen Möglichkeiten für persönliche Kontakte bestand und besteht ein ehrlicher schriftlicher Meinungsaustausch. Inzwischen ergab sich dies auch mit dem Militärhistorischen Museum der Bundeswehr in Gatow und mit dem Heimatverein Zehlendorf.
Potsdam Rundumschlag
80 Jahre nach der Potsdamer Konferenz ist es nicht erklärbar, warum der Wissensstand zur Potsdamer Konferenz rudimentär geblieben ist. Bei jedem Jubiläum der Konferenz werden der Öffentlichkeit weitgehend die gleichen Fakten und Behauptungen präsentiert. Selbst Deutschlands angebliches Leitmedium „Der Spiegel“ weigert sich, neue Erkenntnisse zu akzeptieren und in seine Berichterstattung einzubinden. Ein bereits 2020 erfolgter Versuch der Kontaktaufnahme blieb ohne Reaktion. Das gilt auch für die großen Tageszeitungen wie „Die Welt“, „Frankfurter Allgemeine Zeitung“ oder „Süddeutsche Zeitung“.
Die Hauptschuld für diesen Zustand muss jedoch in Potsdam selbst gesucht werden. Nach den Prinzipien „Wissen ist Macht“ und „Wer Geld bzw. Unterstützung erhält, entscheiden wir. Auch wenn es gegen das Interesse der Öffentlichkeit gerichtet ist“, verweigern sich Stadtverwaltung, SPSG und mit öffentlichen Mitteln am Leben gehaltene und in Potsdam ansässige Wissenschaftseinrichtungen sowie bei Ihnen angestellte Historiker einer Zusammenarbeit. Ihnen angebotenes Wissen nahmen und nehmen sie, oftmals aber auch nur widerstrebend, entgegen. Im Gegenzug hüllen sie sich aber in Schweigen, um zu einem passenden Zeitpunkt, wenn etwas veröffentlicht wurde, über die engagiert Forschenden mit Kritik herzufallen.
Unwürdig ist es, dass im 80. Jahr der Potsdamer Konferenz keinerlei öffentliches Erinnern an dieses Ereignis erfolgt. Für den weitgehend aus öffentlichen Mitteln finanzierten und an die negativen Seiten der Potsdamer Geschichte erinnernden Turm der Garnisonkirche ist dagegen alles möglich.
In diesem Jahr befasst sich die Stiftung Preußische Schlösser und Gärten (SPSG) mit 500 Jahren Beziehungen zwischen Litauen und Preußen. Dabei hätten die Schließung von Schloss Cecilienhof und die dort durchgeführten Bauarbeiten es erlaubt, die Sozialgeschichte des Schlosses rund um das Jahr 1945 tiefgründiger zu erforschen. Den Ansatz dafür konnte die SPSG in den auf dieser Internetseite bereits 2020 veröffentlichten Beiträgen zur Geschichte von Schloss Cecilienhof finden.
Das Potsdam-Museum, Bereich Geschichte, muss in diese Kritik eingebunden werden. In seinem Fundus befindet sich Material über die Zeit um 1945 und der Anwesenheit der sowjetischen Truppen, das nur teilweise ausgewertet und der Öffentlichkeit vorgestellt wurde. 2020 bis 2022 unternommene Versuche, zu einer vertrauensvollen Zusammenarbeit zu kommen, scheiterten an der fehlenden Bereitschaft seitens des Museums. Die Gründe dafür, schließlich ging es um solides Wissen für die öffentliche Präsentation, lassen sich nur mit dem Prinzip „Wissen ist Macht“ erklären. Der Förderverein des Potsdam-Museums war diesbezüglich auch keine Hilfe.
Mit dem plötzlichen Tod der Leiterin des Bereichs Brandenburgica der Stadt- und Landesbibliothek Potsdam (SLB), Marlies Sell, im Jahr 2023 endete zugleich auch die letzte Möglichkeit, eine qualifiziertere Auswertung des in der SLB vorhandenen Literatur- und Zeitungsbestandes zu erreichen. Im Mittelpunkt stand die „Potsdamer Tageszeitung“ (PT). Mühsam muss sie bis heute von den Nutzerinnen und Nutzern durchgearbeitet werden. Das hat zur Folge, dass wir bei der Aufarbeitung des Inhalts der PT auf dem Stand der 1990er Jahre stehen. Hauptverantwortlich, dass es hier nicht weiterging bzw. – geht, sind der vormalige Leiter der Landesbibliothek sowie seine Nachfolgerin.
Die MAZ, die keine Idee für einen Beitrag zum 80. Jahrestag der Potsdamer Konferenz hatte, kam auf die Idee (siehe Bild oben), eine bereits 2015 veröffentlichte Beitragsfolge unter dem geänderten Datum 2025 als etwas ganz Neues anzubieten. Dass sie damit die Pflicht verband, ein Abonnement abzuschließen, um die altbackenen Texte lesen zu dürfen, ist ein Beispiel für Unredlichkeit gegenüber der Leserschaft. Lediglich der Eröffnungsbeitrag, mit frisiertem Datum 2025, war frei zugänglich. Die angefügte Übersicht mit den Links zu den weiteren Texten (alle mit Jahresdatum 2015) führte zu Seiten, die nur mit einem Abonnement gelesen werden konnten.
Seit dem 15. Juli veröffentlicht die „Märkische Allgemeine“ eine Serie von Beiträgen zu den Hintergründen der Potsdamer Konferenz. Der erste Text am 15. Juli trug die Jahreszahl 2025. Alle anderen Beiträge bislang noch die Jahreszahl 2015. Denn diese Serie aus der Feder von Hajo von Cölln wurde bereits 2015 veröffentlicht und nicht erstmalig in diesem Jahr.
Gegen eine Neuveröffentlichung der Beitragsreihe ist nichts einzuwenden, wenngleich sich der Wissensstand zu den Hintergründen der Potsdamer Konferenz und zu den an ihr beteiligten Personen sehr verbessert hat.
Doch der Anstand und die Verantwortung gegenüber der Leserschaft hätte es geboten, sie von dieser Tatsache in Kenntnis zu setzen und nicht so zu tun, als ob „gerade die MAZ“ etwas völlig Neues zur Veröffentlichung gebracht hätte.
Ich habe diesen Betrug (?) an der Leserschaft dokumentiert und verbinde mit meinem Schreiben die Hoffnung, dass Sie den von Ihnen begangenen Fehler öffentlich korrigieren.
Am 18. Juli 2025 wurde die Leserbriefredaktion der MAZ mit dem vorstehenden Schreiben auf den Sachverhalt aufmerksam gemacht. Eine Antwort gab es nicht.
Am 22. Juli 2025 ging zu dem eingangs beschriebenen Sachverhalt eine E-Mail an die Chefredakteurin der PNN, Sabine Schicketanz, heraus. Gelesen wurde sie von ihr.





